Algorithmen bestimmen, welche Inhalte Nutzerinnen und Nutzer im Internet angezeigt bekommen. Dadurch entstehen Filterblasen, die uns nur das präsentieren, was wir sowieso kennen. So kann ein problematisches Weltbild entstehen. Sind sich Jugendliche dessen bewusst und wie gehen sie damit um?
Wir treffen uns gern mit Menschen, mit denen wir uns gut verstehen. Und das sind oft Freundinnen und Freunde, mit denen wir viele Gemeinsamkeiten haben. Je mehr Zeit wir miteinander verbringen und über bestimmte Themen sprechen, umso eher entwickelt sich eine gemeinsame Meinung zu diesen Themen. Das ist erst mal nichts Schlechtes. Wenn wir allerdings nicht mehr aufgeschlossen gegenüber anderen Ansichten sind, unsere Meinung nicht mehr kritisch hinterfragen und sie nicht anpassen möchten, dann leben wir in einer Meinungsblase.
Online ist das nicht anders, nur dass man viel schneller in die sogenannte Filterblase hineingeraten kann. Den Begriff hat Eli Pariser im Jahr 2011 in seinem Buch „Filter Bubble“ (2012 unter dem Titel „Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden“ auf Deutsch erschienen) geprägt. Er definiert sie folgendermaßen: „Eine Filterblase ist das persönliche Informationsuniversum, das Sie online bewohnen – einzigartig und nur für Sie aufgebaut durch die personalisierten Filter, die das Web jetzt antreiben.“
Wie und wo wir Informationen konsumieren, hat sich in den letzten Jahrzehnten mit der Digitalisierung sehr stark verändert. Es gibt immer mehr Möglichkeiten, Informationen zu verschiedenen Themen zu erhalten. Leider gibt es auch viele Informationen, die falsch sind. Oder Meinungen werden einfach als Fakten dargestellt.
Algorithmen bestimmen, was wir sehen
Algorithmen sammeln alles, was wir im Internet tun, also welche Videos wir uns ansehen, welchen Profilen wir folgen, auf welche Links wir klicken. Diese Algorithmen, die von Suchmaschinen und Social-Media-Kanälen genutzt werden, versuchen, die Inhalte an das Verhalten der Nutzenden anzupassen. Und das gelingt meist erstaunlich gut. Wir bekommen Inhalte, die uns interessieren.
Das hat natürlich Vorteile. Es ist bequem, dass wir uns aus der Fülle an Informationen im Netz nicht mühsam das suchen müssen, was wir gern sehen, lesen und hören wollen. Aber es sorgt dafür, dass uns nach einiger Zeit nur noch sehr einseitige Information und Unterhaltung angezeigt wird.
Die Informationen und Beiträge, die wir bekommen, können unsere bestehenden Ansichten und Meinungen verstärken. Vor allem in Bezug auf Fake News ist das eine gefährliche Sache. Da viele Jugendliche ihre Informationen über das aktuelle Tagesgeschehen hauptsächlich aus sozialen Medien beziehen und mit Inhalten interagieren, die von Algorithmen aufgrund ihrer Vorlieben und Verhaltensweisen ausgewählt werden, sind sie von diesem Phänomen besonders betroffen. Wir haben Leo und Marlene zu diesem Thema befragt.
Leo, 15, Schüler
Leo, hast du dich schon mit Filterblasen und ihren Auswirkungen beschäftigt?
Marlene, 24, hat Kultur- und Medienpädagogik studiert
Marlene, ist dir bewusst, dass Algorithmen Filterblasen verursachen?
Welche Auswirkungen können Filterblasen deiner Meinung nach haben?
Kann man etwas gegen die Bildung von Filterblasen tun?
Was möchtest du sonst noch zu dem Thema sagen?
Medienakademien fördern die Medienkompetenz
Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat in Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen an PASCH-Schulen Medienakademien für Schülerinnen angeboten, um Mädchen und Frauen Medienkompetenz zu vermitteln und den Umgang mit digitalen Medien zu reflektieren. In den Akademien wurde nicht nur die kritisch hinterfragende Interaktion mit Medien thematisiert, sondern auch über geschlechterbasierte Online- Gewalt gesprochen. Bei den interaktiven Lerneinheiten konnten die Schülerinnen selbst kreativ werden und waren begeistert bei der Sache. Auch das Thema Filterblasen war Teil des Programms, wir haben mit den Projektverantwortlichen Dina Klingmann und Susann Gihr darüber gesprochen.
Was ist gefährlich an Filterblasen?
In Filterblasen werden Menschen nur noch mit Informationen konfrontiert, die ihre Meinungen und Überzeugungen bestätigen. Vorurteile werden verstärkt und andere Perspektiven werden nur noch selten bedacht. Zusammenhänge werden stark vereinfacht und aus dem Kontext gelöst. Problematisch wird es, wenn Meinungen als Fakten dargestellt werden und keine Überprüfung von Informationen stattfindet.
Sind sich Jugendliche der Problematik bewusst?
Als Digital Natives sind Jugendliche mit Social Media aufgewachsen. Sie verfügen über ein großes Wissen zu digitalen Medien. Eine regelmäßige Nutzung von Social Media heißt jedoch nicht zwangsläufig, dass Jugendliche wirklich Medien-kompetenzen besitzen. Wir waren jedoch begeistert von dem umfangreichen Wissen und der Neugier, welche die Schülerinnen, die unsere Medienakademien besucht haben, mitgebracht haben. Viele Jugendliche setzen sich mit dem Thema Desinformation und Filterblasen auseinander. Die Vorteile von Social Media zu nutzen und es nicht zu verteufeln, stehen dabei im Vordergrund.
Welche Rolle spielen Jugendliche beim Kampf gegen Desinformation?
Wir müssen die Expertise von Jugendlichen mehr wertschätzen und Jugendliche als wichtige Akteurinnen und Akteure anerkennen, anstatt sie überwiegend als Zielgruppe zu sehen. Nur mit ihnen können sogenannte 21st Century Skills wie kritisches Denken und Medienkompetenzen im Umgang mit (Des-)Informationen gestärkt werden.
Was kann man gegen Filterblasen tun?
Um Filterblasen zu begegnen, werden grundlegende digitale und Medienkompetenzen benötigt, um folgende Fragen zu beantworten: Wie kann ich Medien für mich nutzen? Wie kann ich Inhalte kritisch reflektieren? Wie kann ich Quellen überprüfen, um nicht selbst (aus Versehen) Desinformationen zu verbreiten? Und wie kann ich Desinformationen begegnen?
In einer Welt, in der Algorithmen zunehmend unsere Informationsquellen formen, ist es also entscheidend, dass wir uns der Gefahren bewusst sind, die mit Filterblasen einhergehen. Diese Blasen können unsere Sicht auf die Welt verengen und uns von vielfältigen Perspektiven isolieren. Jugendliche können als aktive Gestalterinnen und Gestalter ihrer digitalen Umgebung dazu beitragen, ein ausgewogenes und gut informiertes Meinungsbild zu fördern.