Meine neue Schule/meine Heimatschule
Nach einigen Wochen in Deutschland haben die Lehrerinnen über Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Gast- und Heimatschule nachgedacht.
Gentiana aus Albanien
Meine Heimatschule ist das Sami Frasheri Gymnasium in Tirana, Albanien. Das ist das einzige staatliche Gymnasium, an dem es eine bilingual-deutsch-albanische Abteilung gibt, in der die Schülerinnen und Schüler das Deutsche Sprachdiplom DSD II absolvieren können. Neben dem Fremdsprachenunterricht werden auch Mathe und Geografie in der deutschen Sprache unterrichtet. Bei uns in Albanien dauert das Gymnasium drei Jahre, beginnt ab der 10. Klasse und endet mit der Matura in der 12. Klasse. Ich mag den Unterricht in der deutschen Abteilung der Schule. Die Lernenden sind sehr motiviert und selbstbewusst. Das Interesse an der deutschen Sprache ist in Tirana in den letzten Jahren sehr gestiegen.
Nun unterrichte ich am Anton-Philipp-Reclam-Gymnasium in Leipzig. Die Schule ist Bestandteil des Deutsch-Französischen-Bildungscampus und unterrichtet Deutsch als Zweitsprache (DaZ-Klassen). Ich begegne oft im Lehrerzimmer Kolleginnen und Kollegen, die Französisch-Muttersprachler sind. Die deutsche Sprache mit einem französischen Akzent klingt sehr schön. Seit 2012 ist das Gymnasium auch eine Europaschule. Man fühlt sich hier ganz international.
Bisher habe ich nur albanische Lernende unterrichtet, aber jetzt kommen meine Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Ländern und meine Klasse ist sehr international. Diese Möglichkeit kommt nur einmal im Leben. Die ganze Welt in einem Klassenzimmer.
Larissa aus Brasilien
Meine neue Schule, die Georg-von-Langen-Schule, unterscheidet sich von allen anderen Schulen, die ich kenne. Es sind eigentlich verschiedene Schulformen, die zu den „Berufsbildenden Schulen Holzminden“ gehören und die die Schülerinnen und Schüler auf unterschiedliche Schulabschlüsse (vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur) vorbereiten. In der Schule können sie über 50 Ausbildungsberufe in elf Berufsfeldern in Theorie und in der Praxis lernen.
Im Schulgebäude hat mich das Technikzentrum, wo die Werkstätten sind, am meisten begeistert, weil man dort richtig ins Berufsleben einsteigen kann. Aber mein Lieblingsort ist das Lehrerzimmer. Es herrscht stets eine lockere und entspannte Atmosphäre und es gibt immer nette und hilfsbereite Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich mich gern unterhalte.
Das ist schon eine Gemeinsamkeit zu meiner Heimatschule: das freundliche Kollegium. Jedoch ist die Deutsche Schule Colégio Visconde de Porto Seguro in São Paulo viel größer. Sie ist die größte deutsche Auslandschule, mit vier Einheiten, circa 10.000 Schülerinnen und Schüler (vom Kindergarten bis zur Oberstufe) und mehr als 500 Lehrerinnen und Lehrern. Im brasilianischen Zweig lernen die Schülerinnen und Schüler Deutsch als Fremdsprache und im deutschen Zweig können sie sogar Abitur machen.
Was mir in beiden Schulen gefällt, sind die zusätzlichen Angebote, die Vorbereitung auf das berufliche Leben, die Arbeit mit Projekten und der Austausch und die Offenheit für andere Kulturen.
Uyanga aus der Mongolei
Meine Heimatschule ist die Goethe-Schule Ulaanbaatar, eine Grund- und Mittelschule von der Klassenstufe 1 bis 12. Deutsch wird bereits in der Grundschule als erste oder zweite Fremdsprache gewählt. Mit den Kolleginnen und Kollegen meiner Heimatschule verstehe ich mich sehr gut. Jeder hat ein offenes Ohr für den anderen. Morgens kommen die Lehrkräfte vor 8 Uhr und arbeiten bis 16:30 Uhr, manchmal noch länger, denn die Mittelschule endet am späten Nachmittag. Die Grundschule fängt um 13:30 Uhr an und hört um 17:30 Uhr auf. Das finde ich gut, weil die Kleinen morgens ausschlafen können. Die Lehrkräfte bereiten in der unterrichtsfreien Zeit die nächsten Unterrichtsstunden vor.
Das E.T.A-Hoffmann-Gymnasium Bamberg ist ein musisches Gymnasium. Ich war überrascht, als eine Fünftklässlerin ein Lied als Hausaufgabe geschrieben hat, sowohl das Klavierstück als auch den Liedtext. Sie hat das Lied sogar toll vorgesungen. Da habe ich verstanden, dass das Lernen hier etwas anders funktioniert.
Das Bildungssystem beider Länder sieht ganz anders aus. Der Lehreralltag auch. Am Gymnasium in Bamberg müssen die Lehrkräfte nicht den ganzen Tag in der Schule bleiben, sondern können nur zu den Unterrichtsstunden erscheinen. Das finde ich einfach cool.
Wir haben sogar ein paar Mal auf dem Schulhof unterrichtet. Im Grünen arbeiten alle noch aktiver als im Klassenzimmer. Das war faszinierend für mich, denn ich lebe in einem Land, wo es im Winter bis zu -30° C kalt wird. Ich bin gespannt, wie es ist, im Sommer zu unterrichten.
Natia aus Georgien
In meiner Gastschule, der Fritz-Bauer-Gesamtschule in Sankt Augustin, fühle ich mich richtig wohl. Das große Kollegium ist sehr freundlich. Die Schule zeichnet sich durch eine vielfältige Schülerschaft aus. Der technisch gut ausgestattete Oberstufenbereich legt großen Wert auf einen modernen Unterricht. In manchen Fächern arbeiten die Klassen auf iPads oder Handys, womit die Papierverschwendung vermieden werden soll.
Die Fritz-Bauer-Gesamtschule wurde als „Schule der Zukunft“ sowie als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet und legt besonderen Wert auf die Holocaust-Didaktik. Seit 2014 gibt es einen Austausch mit Israel. Die Schülergemeinschaft und das Kollegium ermöglichen durch eine angenehme und freundliche Atmosphäre ein schönes, vielfältiges Miteinander.
Meine Heimatschule, die 21. Öffentliche Inklusionsschule in Tiflis, ist eine allgemeinbildende Schule (Primarstufe, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II). Sie ist die erste Sprachdiplomschule in Georgien und wird von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) gefördert. Die Schule hat langjährige und enge Beziehungen sowie einen regen Schüleraustausch mit zwei deutschen Schulen. Das Engagement auf der internationalen Ebene spielt eine große Rolle. Die Schule nimmt jährlich einen Freiwilligen aus Deutschland auf, der mit den georgischen Schülerinnen und Schülern ins Gespräch kommt und die Vorbereitung deutschsprachiger Projekte unterstützt.
Beide Schulen sind wie ein zweites Zuhause, für mich als Lehrerin und die Lernenden.
Heidi aus Ägypten
„Eine gute Zukunft beginnt mit einer guten Schule.“ ist das Motto der Europa Schule Kairo (ESK). Ziel ist nicht nur ein hochwertiger Abschluss, sondern auch die persönliche und soziale Entwicklung jedes Kindes zu fördern und zu unterstützen. Das passt zum Leitbild der Neundorf Grundschule in Plauen: „Jeder Mensch ist einzigartig. Es ist wichtig, ihm die Gelegenheit zu geben, seine besonderen Fähigkeiten zu entwickeln.“
In der ESK sind alle Lernenden Ägypterinnen und Ägypter, also keine Deutsch-Muttersprachler. Der Unterricht verläuft ganz anders als in der Grundschule Neundorf, wo die Schülerinnen und Schüler in der Regel Muttersprachler sind. Auch die Vorbereitung ist für mich als Lehrerin ganz anders. In Ägypten haben wir im Grundschulgebäude normale Tafeln im Klassenzimmer, in der Grundschule Neundorf gibt es in fast jeder Klasse ein Smartboard.
Anfangs hatte ich Sorge wegen der Technik und fühlte mich unsicher, da alle Kinder Muttersprachler sind, doch nach kurzer Zeit wurde ich selbstbewusster und habe eine schöne persönliche Beziehung zu den Kindern aufgebaut. Die Vorbereitung und das Stundentempo mag zwar anders sein, aber Inhalt und Ziel sind bei beiden Schulen gleich. Und: Kinder sind Kinder, egal, wo auf der Welt. Sie brauchen viel Liebe und Geduld. Man kann über den persönlichen Kontakt mit den Kindern viel erreichen.
Ich freue mich sehr hier zu sein. Das Kollegium ist supernett und freundlich, sehr erfahren und hilfsbereit. Wenn ich eine freie Stunde habe, nutze ich die Gelegenheit und hospitiere bei meinen Kolleginnen und Kollegen.