Bodybuilder nehmen Anabolika, um den Muskelaufbau zu fördern. Amateurfußballer versuchen mit Hilfe von Aufputschmittel, schneller und besser zu spielen. Und Hobbyläufer nehmen Schmerzmittel, um den Marathon einfacher zu überstehen. Doping ist nicht nur im Profisport ein Problem.
Es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchungen dazu, wie hoch die Zahl der dopenden Freizeitsportler insgesamt ist. Gut erforscht ist die Problematik aber im Fitnessbereich. Rund neun Millionen Kunden trainieren nach Zahlen des Arbeitgeberverbandes für die Fitnesswirtschaft in Studios. „12 bis 15 Prozent der Besucher von Fitnessstudios in Deutschland nehmen Anabolika“, schätzt der Sportmediziner und Dopingforscher Perikles Simon. Das sind dann mehr als eine Million Menschen. Forscher der Universität Mainz befragen regelmäßig Teilnehmer nach Extremsport-Veranstaltungen. Das Ergebnis zeigt, dass auch rund 15 Prozent der Marathon- oder Triathlon-Teilnehmer zu Hilfsmitteln greifen.
Dicke Muskeln, unfaire Methoden
Die Wirkstoffe sind leicht zu bekommen. Schmerzmittel kauft man in der Apotheke, Aufputschmittel oder Anabolika können im Internet auf einschlägigen Websites bestellt werden – auch, wenn das nicht ganz legal ist. Und wer in bestimmten Fitnessstudios nach Anabolika fragt, erhält schnell die Handynummer eines Verkäufers.
Doch warum dopen Freizeitsportler? Die einen träumen vom perfekt geformten Körper mit dicken Muskeln. Sie sind bereit nachzuhelfen, um ihr Schönheitsideal zu erreichen. Andere wollen einfach besser sein als ihre Sportsfreunde: schneller, ausdauernder, kraftvoller. Manche hoffen auf eine Karriere als Profi. Ihr Ehrgeiz ist so groß, dass sie dafür unfaire Methoden anwenden und ihre Gesundheit gefährden.
Körper auf Hochtouren
Doping im Freizeitsport sei genau genommen Medikamentenmissbrauch, sagt der Sportmediziner Perikles Simon. Er warnt vor den gesundheitlichen Folgen: „Wer Wirkstoffe zur Leistungssteigerung nimmt, schädigt seinen Körper. Denn nichts geht spurlos an einem vorüber, man bezahlt dafür an anderer Stelle.“ Anabolika können zum Beispiel lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Probleme verursachen und das Risiko für Schlaganfälle erhöhen. Schmerzmittel können den Nieren schaden oder Magenblutungen zur Folge haben.
Es ist absurd: Gesunde Menschen nehmen Medikamente, um ihren Körper auf Hochtouren zu bringen – oder aber, um ihre Denkleistung zu steigern. „Medikamentenmissbrauch gibt es nicht nur im Sport, sondern auch in der Schule, im Studium oder im Job“, betont Perikles Simon. Die Erkenntnis des Dopingforschers: Die Weichen für ein solches Verhalten werden sehr früh gestellt. Wenn Eltern ihrem erkälteten Kind zum Beispiel eine Tablette geben, damit es in die Schule gehen kann. Oder wenn ein Jugendlicher Medikamente nimmt, um sich bei einer Prüfung besser konzentrieren zu können. „So wird vermittelt, dass der eigene Körper nur mit Hilfe bestimmter Wirkstoffe leistungsfähig ist. Das ist das Grundproblem“, kritisiert Perikles Simon. Er fordert, bei dieser oft sehr früh erlernten Denkweise anzusetzen, um Doping wirksam zu bekämpfen.
Stark, aktiv und unter Druck
Genau das macht Janine Straub. Früher hat sie fünf Mal pro Woche als Leistungsturnerin trainiert. Heute studiert die 24-Jährige Internationales Sportmanagement an der Uni Mainz. In der Deutschen Sportjugend, der Jugendorganisation des Deutschen Olympischen Sportbundes, engagiert sie sich gegen Doping. Dazu bietet sie in Schulen, Vereinen oder bei Sportveranstaltungen Workshops an. „Der Leistungsdruck in unserer Gesellschaft ist sehr hoch“, sagt Janine Straub. „Jeder möchte stark, aktiv und leistungsfähig sein. Das gilt erst recht für Sportlerinnen und Sportler.“ Zum eigenen Ehrgeiz kommt auch im Freizeitsport häufig noch der Druck von Eltern oder Trainern. Schon Kindern wird vermittelt, dass der eigene Körper Hilfsmittel braucht, um topfit zu sein. Das ist der Grundstein für das, was Fachleute die „Doping- Mentalität“ nennen. Sie führt dazu, dass Jugendliche oder Erwachsene dann ohne an die Folgen zu denken, zu Medikamenten greifen und im schlimmsten Fall davon abhängig werden.
Janine Straub und ihre Kollegen klären über diesen Zusammenhang auf. Sie informieren darüber, dass Medikamente nicht nur Wirkungen, sondern auch Nebenwirkungen haben. Das wichtigste Ziel für Janine Straub aber ist, die „ mentale Kraft“ junger Sportlerinnen und Sportler zu stärken. Dazu gehört, Vertrauen in das eigene Leistungsvermögen zu haben, Verantwortung für seinen Körper zu übernehmen – und Grenzen zu akzeptieren. „Statt sich aufzuputschen, sollte man sich lieber mal zwei Tage ins Bett legen, um eine Erkältung auszukurieren“, meint Janine Straub.
Olympische Werte
Für den Leistungssport hat die Welt Anti-Doping Agentur (WADA) Spielregeln formuliert, die für einen fairen und gerechten Sport sorgen sollen. Demnach fallen unter Doping alle Substanzen und Methoden, die leistungssteigernd sind, Gesundheitsschäden verursachen und dem Geist des Sports, also dem „fair play“, widersprechen. „Das lässt sich sehr gut auf den Freizeitsport übertragen“, findet Janine Straub. „Denn olympische Werte zählen. Das heißt konkret: Ich will eine Leistung fair erbringen, mit den Mitteln meines Körpers, mit nichts anderem.“
Dazu steht auch der 16-jährige Franz aus Berlin. Er spielt Baseball im Verein, trainiert zwei Mal pro Woche und sagt: „Egal ob im Profi- oder im Freizeitsport, wer dopt, betrügt die anderen Sportler und verschafft sich illegal einen Vorteil.“ Gegen kleine Hilfsmittel hat Franz aber keine Einwände. „Wenn ein 100-Meter-Läufer Nasenspray benutzt, um seine Atemwege zu weiten, überschreitet das noch nicht die Grenze zum Doping. Nasenspray ist ja kein Aufputschmittel.“ Ausschlaggebend für den sportlichen Erfolg sei am Ende die richtige Einstellung, meint Franz. „In meinem Fall bedeutet das: sich auf den Ball konzentrieren und im Spiel bleiben.“
Franz über Doping im Freizeitsport
Ist Doping falsch?