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Wissen und Umwelt

Kohlendioxid-Kompensation – und alles gut?

Kohlendioxid-Kompensation – und alles gut?
© Colourbox

Angebote für Kohlendioxid-Kompensation versprechen, die von Einzelpersonen verursachten Emissionen – etwa bei Flugreisen – mit Spenden an Klimaprojekte auszugleichen. Aber beruhigen wir damit nicht lediglich unser schlechtes Gewissen?

Auch dank der Schülerinnen und Schüler, die jeden Freitag unter dem Motto Fridays for Future auf die Straße gehen, fragen sich viele, welchen Beitrag sie persönlich zum Klimaschutz leisten können. Denn die Demonstrant*innen rufen nicht nur Regierungen zum Handeln auf – wenn es nach den Klimaschützern geht, muss auch jeder Einzelne sein Verhalten ändern. Unsere aktuelle Lebensweise, darunter der Trend zu Flugreisen, belastet die Umwelt. Doch heißt das, dass wir komplett auf Flugreisen verzichten müssen?

Einige Unternehmen bieten eine Alternative an: Kohlendioxid-Kompensationen. Wer als klimabewusster Mensch ab und an in den Flieger steigen möchte, kann so zumindest einen Ausgleich schaffen. Das Prinzip ist simpel: Man berechnet die durch eine Flugreise entstandene Kohlendioxid-Emission und spendet einen entsprechenden Betrag an Klimaschutzprojekte, die Kohlendioxid einsparen. Mit der Spende werden dann Bäume gepflanzt und Windkraftanlagen gebaut. Der durch die Reise entstandene Umweltschaden soll so wieder ausgeglichen werden.

Kohlendioxid-Kompensation für Reisen

Die Nichtregierungsorganisation (NGO) atmosfair ist, gemessen an dem jährlich gesammelten Geldbetrag, der deutschlandweit größte Anbieter für Kohlendioxid-Kompensation. Einzelpersonen und Unternehmen können auf der Website berechnen, wie viel Kohlendioxid durch ihre anstehende Flugreise oder Kreuzfahrt ausgestoßen wird und danach einen entsprechenden Betrag spenden. Beispielsweise verursacht ein Flug von Berlin nach New York laut atmosfair mehr als 1,2 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen pro Economy-Passagier, weshalb die NGO eine Kompensation in Höhe von 30 Euro vorschlägt. Diese kann auf der Website abgewickelt und auf Wunsch einem gestimmten Projekt gewidmet werden. 

Fast sechs Millionen Euro sind so 2017 unter anderem in Wasserkraftprojekte in Honduras geflossen, in effiziente Öfen in Indien oder solare Trinkwasseraufbereitungsanlagen in Ägypten.

Laut Angaben von atmosfair werden im Moment deutschlandweit zwar weniger als ein Prozent aller Flüge kompensiert. Doch Kohlendioxid-Kompensation liegt im Trend, und auch immer mehr Unternehmen entdecken das Thema für sich: So ist die Zahl der bei atmosfair kompensierten Flüge von 2017 auf 2018 um 50 Prozent angestiegen, auch andere Anbieter berichten eine steigende Nachfrage.

  • <b>Bäume pflanzen als Geschenk</b><br>Auf der Website von Primaklima e.V. können User ihren ökologischen Fußabdruck berechnen und einen empfohlenen Betrag an Klimaschutzprojekte spenden. Zudem bietet Primaklima die Möglichkeit, andere Menschen mit Bäumen zu beschenken. So kann schon für fünf Euro ein neuer Baum in Sachsen gepflanzt werden, drei Euro kostet die Neupflanzung in Nicaragua. Der Beschenkte erhält eine Urkunde mit dem Standort und der Anzahl der Bäume, die in seinem Namen wachsen und CO2 in Sauerstoff umwandeln.
    Foto: Screenshot primaklima.org
  • <b>Die Suchmaschine, die Bäume pflanzt </b><br>Ecosia ist eine CO2-positive Suchmaschine. Das in Berlin entstandene Unternehmen nutzt die durch Werbung und Partnerprogramme erzielten Gewinne, um Bäume zu pflanzen. Nach Angaben der Ecosia GmbH wird durchschnittlich für jede 45. Suchanfrage ein neuer Baum gepflanzt. Seit 2009 seien dadurch fast 60 Millionen Bäumen aufgeforstet worden, hauptsächlich in Süd- und Mittelamerika, Afrika und Südostasien. Ecosia ist mittlerweile auch als Add-on für Firefox und Chrome verfügbar.
    Foto: Screenshot ecosia.org
  • <b>Mit gutem Gewissen fliegen</b><br>Die NGO atmosfair hat sich zum Ziel gesetzt, die durch Reisen verursachte ökologische Belastung zu kompensieren. Einzelpersonen und Unternehmen können auf der Website die CO2-Belastung berechnen, die durch ihre Reise entsteht. Danach kann ein empfohlener Betrag an Klimaschutzprojekte gespendet werden. Dem Unternehmen zufolge sind so im Jahr 2017 knapp 7 Millionen Euro in den Klimaschutz geflossen.
    Foto: Screenshot atmosfair.de
  • <b>CO2-Kompensation auch im Straßenverkehr</b><br>Natürlich belasten nicht nur Flugzeuge die Umwelt, andere Fahrzeuge tun es auch. Das Startup ReGreen aus Wien bietet deswegen CO2-Kompensation für Auto- und Motorradfahrer. Auf der Website kann der Ausstoß nach Typ des Fahrzeugs und den jährlich gefahrenen Kilometern berechnet werden. Ein sparsamer Benziner, der 10.000 km pro Jahr auf der Straße unterwegs ist, sorgt laut ReGreen für einen Co₂-Ausstoß von 1,95 Tonnen. Bei einem starken Diesel-Motor sind es 3,10 Tonnen. Bisher hat das Unternehmen laut eigenen Angaben mehr als 18 Millionen gefahrene Kilometer kompensiert.
    Foto: Screenshot regreen.at
  • <b>Kennen Sie Ihren ökologischen Fußabdruck?</b><br>Mit dem vom Umweltbundesamt und der Initiative KlimaAktiv entwickelten CO2-Rechner kann jeder seine persönliche CO2-Bilanz berechnen. Auf deren Grundlage wird im Anschluss ein CO2-Szenario gestartet. Gute Vorsätze für die Zukunft, wie zum Beispiel die Wohnraumtemperatur um ein Grad zu senken oder auf ein umweltfreundliches Fahrzeug umzusteigen, können dabei berücksichtigt werden. Schließlich visualisiert der Rechner die Auswirkungen des persönlichen Klimaplans für die nächsten 30 Jahre. Wie weit weicht Ihr Lebensstil vom Klimaschutzziel ab, die Treibhausgase in Deutschland bis 2050 um 95% zu reduzieren?
    Foto: Screenshot uba.CO2-rechner.de
  • <b>CO2-Kompensation als christliche Mission</b><br>Klima-Kollekte ist der CO2-Kompensationsfonds der christlichen Kirchen. Seit 2011 bietet er Unternehmen wie Privatpersonen die Möglichkeit, zum Ausgleich von verschuldeten CO2-Emissionen an Klimaschutz-Projekte in Entwicklungsländern zu spenden. In den fünf Jahren seit der Gründung des Fonds wurden bereits 56.750 Tonnen CO2 kompensiert. Das Angebot steht auch Menschen offen, die keiner christlichen Kirche angehören.
    Foto: Screenshot klima-kollekte.de
  • Aufforstung für Online-Suchanfragen

    Auch für den Bereich Digitalisierung – speziell die Internetsuche – gibt es Anbieter, die Ausgleich versprechen. Denn nicht nur elektronische Endgeräte wie Smartphone, Laptop und Handy verbrauchen Energie, sondern auch die Server, Netzwerke und Router im Hintergrund – und belasten so das Klima. Seit 2015 visualisiert die Künstlerin Joana Moll mit dem Projekt CO2GLE den Kohlendioxid-Ausstoß der Google-Suche. Ihren Berechnungen zufolge werden pro Suchanfrage in etwa 10 Gramm Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt

    Das Unternehmen Ecosia aus Berlin hat eine Suchmaschine mit ökologischem Anspruch entwickelt. Es verwendet seinen Gewinn, um dort Bäume zu pflanzen, wo sie den Gründern zufolge am dringendsten gebraucht werden – das heißt, vor allem in Äquatornähe, der Heimat der größten Regenwälder. In zehn Jahren sind so fast 60 Millionen Bäume gepflanzt worden. Laut Angaben des Unternehmens kommt in etwa mit jeder 45. neuen Suchanfrage ein weiterer Baum dazu. 

    Natürlich bindet ein neu gepflanzter Baum nicht sofort Unmengen an Kohlendioxid, doch die Menge steigt mit seinem Wachstum. Auf 80 Jahre bemessen, bindet ein Baum in etwa 12,5 Kilo Kohlendioxid. Die 45 Suchanfragen verursachen nach Molls Berechnung hingegen weniger als ein halbes Kilo Kohlendioxid, was Ecosia nicht nur zu einem Kohlendioxid-neutralen, sondern zu einem Kohlendioxid-positiven Projekt macht. 

    Kompensation schafft Bewusstsein 

    Mit einem Marktanteil im Promille-Bereich (die Neue Züricher Zeitung nennt 0,22 Prozent) ist Ecosia weit davon entfernt, Google als Marktführer abzulösen. Auch Kohlendioxid-Kompensation für Flüge ist bei weitem noch kein Massenphänomen. Kritiker argumentieren ohnehin, dass die Menschheit sich besser darauf fokussieren sollte, ihren Kohlendioxid-Ausstoß zu reduzieren anstatt zu kompensieren.

    Dem stimmen grundsätzlich auch die Kompensationsanbieter selbst zu: „Kompensation ist immer nur die drittbeste Möglichkeit – nach Vermeiden und Reduzieren“, meint Dietrich Brockhagen, Geschäftsführer von atmosfair, gegenüber der Deutschen Welle. Doch immerhin schaffen Projekte für Kompensation und Beforstung ein stärkeres Bewusstsein für den ökologischen Fußabdruck des Einzelnen. Und ganz von der Hand zu weisen ist der Effekt auch nicht: Würden so viele Menschen mit Ecosia suchen wie mit Google und entsprechend weiter bewaldet werden, könnten die so neugepflanzten Bäume bald 15 Prozent der menschgemachten Treibhausgase binden – so rechnet zumindest das Unternehmen selbst es vor.

    ausgleichen: kompensieren; hier: Es wird CO2 ausgestoßen. Das ist schlecht für die Umwelt. Das Umweltkonto ist also im Minus. Man kann es aber mit Aktionen, die gut für die Umwelt sind, wieder auf Null bringen und somit den negativen Effekt ausgleichen.
    das Gewissen beruhigen: etwas Gutes tun und sich so besser fühlen
    das Gewissen beruhigen: etwas Gutes tun und sich so besser fühlen
    einen Beitrag leisten: etwas für eine bestimmte Sache tun
     
    einen Beitrag leisten: etwas für eine bestimmte Sache tun
     
    verzichten: etwas nicht machen; unterlassen
    klimabewusst: eine Person, die sich Gedanken über das Klima und die Umwelt macht und sich so verhält, dass es gut für die Umwelt ist
    einen Ausgleich schaffen: ausgleichen (siehe oben); kompensieren
     
    entstandene (Partizip I von entstehen): hier: produziert; gemacht; geschaffen
    widmen: hier: schenken; geben
     
    im Trend liegen: populär sein; beliebt sein
    die steigende Nachfrage: hier: Immer mehr Menschen möchten ihre Flüge bei atmosfair oder ähnlichen Anbietern kompensieren.
    zufolge: nach; aufgrund; hier: Das Ergebnis der Berechnungen ist, dass pro Suchanfrage ... ; Nach ihren Berechnungen werden pro Suchanfrage ...
    freisetzen: hier: in die Atmosphäre abgeben
    laut Angaben: nach Angaben
    binden: hier: aufnehmen; verarbeiten
    die Unmenge, die Unmengen: sehr viel; eine sehr große Menge
    weit von etwas entfernt sein: nicht nahe dran sein; hier: Ecosia ist noch lange nicht so groß und wichtig wie Google.
    als Marktführer ablösen: hier: die neue Nummer Eins unter den Suchmaschinen werden
    die Beforstung, die Beforstungen: neue Bäume pflanzen und einen Wald entstehen lassen
    der ökologische Fußabdruck, die ökologischen Fußabdrücke: hier: die Summe aller Dinge, die eine Person tut, die schlecht für die Umwelt sind; Je schädlicher für die Umwelt eine Person lebt, desto größer ist ihr ökologischer Fußabdruck.