Rund 200.000 Schülerinnen und Schüler beteiligen sich in Deutschland jedes Jahr am Programm „Jugend debattiert“. Im Ausland sind es rund 3.000. In spannenden Debatten argumentieren sie für ihre Position, hören aber auch der anderen Seite zu und gehen auf deren Argumente ein. Drei Alumnae und Alumni aus dem In- und Ausland berichteten PASCH-net von ihren Erfahrungen damit.
Sollen Schönheitswettbewerbe und Model-Castingshows in Deutschland verboten werden? Soll in Deutschland eine Wehrpflicht nach schwedischem Vorbild eingeführt werden? Ja oder Nein? Um Fragen wie diese geht es bei „Jugend debattiert“. In einer Debatte stehen sich zwei Seiten mit entgegengesetzten Meinungen gegenüber und tauschen ihre Argumente aus. Bei „Jugend debattiert“ nehmen vier Personen an einer Debatte teil, zwei vertreten die Pro- und zwei die Contra-Position zu einer ausgewählten Streitfrage. Eine Debatte dauert insgesamt 24 Minuten. Jede Person erhält am Anfang zwei Minuten Redezeit, um ihre Position darzulegen. Dann folgen zwölf Minuten freier Austausch. Am Ende hat jede Person noch einmal eine Minute für ein Schlusswort.
Erklärvideo „So läuft eine Debatte ab“
Der Wettbewerb findet mittlerweile auch in über 35 Ländern im Ausland statt. Dort heißt er „Jugend debattiert weltweit“ und wird von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) organisiert. Teilnehmen können Deutsche Auslandsschulen, Deutsch-Profil-Schulen und Schulen, die das Deutsche Sprachdiplom (DSD) anbieten. Die ZfA fördert den Wettbewerb, da er sich eignet, die Kompetenzen in der deutschen Sprache und das Wissen über Deutschland zu vertiefen. „Jugend debattiert“ kann zudem hervorragend in der Vorbereitung auf die argumentativen Prüfungsteile des Deutschen Sprachdiploms Zweiter Stufe (DSD II) eingesetzt werden.
„Die Jugendlichen lernen, sich auf Deutsch besser auszudrücken und im Gespräch zu bestehen“, sagt Jan-Jonathan Bock von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, die den Wettbewerb im Inland in Kooperation mit den 16 Bundesländern durchführt und ihn im Ausland zusammen mit der ZfA begleitet. „Gleichzeitig erwerben die Schülerinnen und Schüler auch Kompetenzen, die für das demokratische Zusammenleben wichtig sind.“ Wie zum Beispiel aktiv zuzuhören, aufeinander einzugehen und unterschiedliche Positionen einzunehmen. Der Perspektivwechsel ist dabei besonders wichtig. „Wenn die Jugendlichen sich auf eine Debatte vorbereiten, denken sie sich immer in beide Seiten des Themas ein und merken, dass beide Seiten gute Argumente haben“, sagt Jan-Jonathan Bock. So entstehe Toleranz und Verständnis gegenüber anderen Sichtweisen und Perspektiven.
Im In- und Ausland beginnen manche Kinder schon in Klasse 5 das Debattieren zu üben. So können sie die Fähigkeiten über eine längere Zeit entwickeln, bis sie an einem der Wettbewerbe teilnehmen. Debattiert wird zunächst auf Schul-, Regional- und Landesebene, die Siegerinnen und Sieger der Landeswettbewerbe qualifizieren sich in Deutschland für den Bundeswettbewerb, dieser endet mit dem Bundesfinale, wohingegen bei „Jugend debattiert weltweit“ die regionalen, länderübergreifenden Finalveranstaltungen wie das Europafinale oder das Südamerikafinale den krönenden Abschluss mit den allerbesten Debattantinnen und Debattanten bilden.
Eine Jury bewertet die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler in vier Punkten: Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft. „Die Gesprächsfähigkeit zählt am meisten“, sagt Jan-Jonathan Bock. „Dabei geht es darum, nicht zu monologisieren und die eigenen Punkte abzuspulen, sondern die eigenen Argumente an das, was die Gegenseite präsentiert hat, anzuknüpfen.“ Denn nur so entstehe ein Dialog, der auch dem Publikum einen Erkenntnisgewinn liefere, so Bock.
Florian Fabricius ist 18 Jahre alt. Im Jahr 2023 war er „Jugend debattiert“-Landessieger in Hessen und nahm am Bundeswettbewerb teil. Von November bis März 2024 war er Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz. Aktuell bereitet er sich auf das Abitur vor, das er im kommenden Schuljahr ablegen wird.
Florian, kannst du kurz erklären, was die Bundesschülerkonferenz ist und was du als deren Generalsekretär gemacht hast?
Inwiefern hat „Jugend debattiert“ dich zu deinem politischen Engagement inspiriert?
Welche Erfahrungen von „Jugend debattiert“ haben dir in deinem Amt besonders geholfen?
Oleh Kozachenko kommt aus der Ukraine und ist 19 Jahre alt. 2022 war er der ukrainische Landessieger von „Jugend debattiert“ und hat am Europa-Finale teilgenommen. Wegen des Krieges ist er 2022 mit seiner Familie nach Deutschland geflohen und hat hier sein Abitur gemacht. Im letzten Jahr hat er das Studienkolleg in Marburg besucht und wird ab Oktober Wirtschaftswissenschaften in Frankfurt/Main studieren. Er engagiert sich als Alumnus bei „Jugend debattiert weltweit“ und hat den Verein „Jugend der Ukraine“ mitgegründet. Dieser bringt ukrainische Jugendliche, die nach Deutschland geflohen sind, und ihre deutschen Altersgenossen zusammen – zum Beispiel in Debattierclubs.
Oleh, wie hat sich deine Teilnahme an „Jugend debattiert“ auf dein Leben ausgewirkt?
Welche Kompetenzen, die du durch die Debatten erworben hast, helfen dir jetzt noch?
Wie unterstützen dich die Erfahrungen von „Jugend debattiert“ in deinem sozialen Engagement?
Paula Holste ist 18 Jahre alt und belegte 2024 im Bundesfinale von „Jugend debattiert“ den zweiten Platz. Sie geht in die 13. Klasse und macht im nächsten Frühjahr ihr Abitur. Sie ist als Chefredakteurin der Online-Schülerzeitung ihrer Schule tätig und engagiert sich außerdem als Schülersprecherin, als Junior-Botschafterin des europäischen Parlamentes und im Ortsverein der SPD.
Paula, welcher Aspekt von „Jugend debattiert“ hat dich am nachhaltigsten beeindruckt?
Inwiefern hat „Jugend debattiert“ dich zu deinem Engagement inspiriert?
Welche Fähigkeiten, die du bei „Jugend debattiert“ erworben hast, kommen dir bei deinen Ehrenämtern zugute?
Die Teilnahme an „Jugend debattiert“ stellt also eine hervorragende Möglichkeit dar, nicht nur die eigenen Sprach- und Debattierfähigkeiten zu verbessern, sondern sich auch persönlich weiterzuentwickeln und aktiv an einer vielfältigen und demokratischen Gesellschaft mitzuwirken. Traut euch, debattiert mit und gestaltet die Zukunft mit eurer Stimme!