„Der Zweck heiligt die Mittel“, dieses Sprichwort könnte aktuell auch das Motto vieler deutscher Klimaaktivistinnen und -aktivisten sein. Denn bei ihren Protestaktionen gehen junge Leute wie Jule, Leo und Lamin immer öfter an die Grenzen des Erlaubten. Und ernten dafür auch einiges an Kritik.
Doch was ist in Ordnung? Und was geht zu weit? Um diese Frage geht es in diesem Beitrag – und um einige ganz persönliche Antworten.
Aus diesem Grund versammeln sich auch in Deutschland immer mehr junge Leute, um für den Klimaschutz zu demonstrieren. Nach „Fridays for Future“ hat dabei mit der „Letzten Generation“ eine neue Bewegung die Bühne betreten . Als „erste Generation, die den beginnenden Klimakollaps spürt, und letzte Generation, die noch etwas dagegen tun kann“, fordern ihre Mitglieder unter anderem:
- ein Tempolimit von 100 km/h auf deutschen Autobahnen und
- ein monatliches, deutschlandweites Bahnticket für 9€.
Das Ziel dieser Maßnahmen: Deutschland soll bis 2030 „emissionsfrei“ werden und damit endlich ein klares Zeichen gegen den Klimawandel setzen. Allerdings beschränken sich die Klimaaktivistinnen und -aktivisten nicht nur auf ihre Forderungen, sondern lassen ihren Worten auch Taten folgen : Jugendliche treten in den Hungerstreik , kleben sich auf Autobahnen und Flughäfen fest und werfen Kartoffelbrei auf Gemälde – alles, um endlich die Aufmerksamkeit der Politik zu gewinnen.
Und damit nicht genug: Denn neben dem Protest auf nationaler Ebene gibt es auch
lokale
Bewegungen, die sich für den Klimaschutz einsetzen. Ein Beispiel dafür ist „Lützerath Lebt“, eine Initiative, die sich gegen den
Abriss
des Ortes Lützerath einsetzt. Der Grund: Lützerath soll dem
Kohle
abbau
weichen
.
Um genau das zu verhindern, gab es zahlreiche Demonstrationen. Außerdem wurden Häuser
besetzt
. Und bei der
Räumung
im Januar 2023 wurde
ziviler Ungehorsam
geleistet.
Doch sind solche Aktionen tatsächlich
gerechtfertigt
?
Das haben wir drei der jungen Aktivistinnen und Aktivisten selbst gefragt. Möchtest du wissen, wie und warum sich Jule, Leo und Lamin für das Klima einsetzen? Dann höre dir hier ihre Antworten an:
Jule (Fridays for Future): „Ich finde Protest so lange legitim, wie er gewaltfrei und friedlich bleibt.“
„Mein Name ist Jule Pehnt. Ich bin Schülerin, 18 Jahre alt und komme aus Freiburg. Seit dreieinhalb Jahren bin ich bei Fridays for Future aktiv, um eine konsequente Kehrtwende in der Klimapolitik zu erreichen. Sie ist essenziell, um eine gerechte und lebenswerte Welt zu sichern und zu gestalten.“
Warum engagierst du dich für den Klimaschutz?
Wie engagierst du dich?
Was willst du mit deinem Engagement erreichen?
Was darf Protest? Und wo gibt es für dich Grenzen?
Leo (Letzte Generation): „Ich breche friedlich Regeln , um auf das große Problem aufmerksam zu machen.”
„Ich bin Leo Elgas, 24 Jahre alt und eigentlich Mathematikstudent. Aber gerade pausiere ich mein Studium, um für mehr Klimaschutz zu protestieren. Unsere Lage ist sehr ernst und ich war schon bei vielen anderen Gruppen, bevor ich angefangen habe, bei der Letzten Generation zivilen Ungehorsam zu leisten. Ich habe viel gelesen von Klimawissenschaftlern und auch großen Denkern wie Ghandi, Martin Luther King oder Thoreau. Ihre Worte haben für mich ein großes Gewicht und inspirieren mich, weiterzukämpfen und Strafen auf mich zu nehmen – für die bessere Welt.“
Warum engagierst du dich für den Klimaschutz?
Wie engagierst du dich?
Was willst du mit deinem Engagement erreichen?
Was darf Protest? Und wo gibt es für dich Grenzen?
Lamin (Lützerath Lebt): „Ich engagiere mich, indem ich meinen Körper der Zerstörung in den Weg stelle.“
„Ich bin Lamin Chukwugozie, 18 Jahre alt und wohne aktuell in Köln. Nach meinem Abitur bin ich nach Lützerath gegangen, um mich dort für die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen und eine gerechtere Welt einzusetzen.“
Warum engagierst du dich für den Klimaschutz?
Wie engagierst du dich?
Was willst du mit deinem Engagement erreichen?
Was darf Protest? Und wo gibt es für dich Grenzen?
Und, was meinst du?
Sind Protestaktionen wie Straßenblockaden und Hausbesetzungen in Ordnung, um auf eine so große und dringende Herausforderung wie die Klimakrise aufmerksam zu machen?
Oder siehst du das Ganze eher kritisch?
Nun, auch in dem Fall wärst du nicht allein. Denn natürlich verursachen solche Aktionen auch viel Ärger und Unverständnis : Kaum jemand freut sich darüber, mit dem Auto im Stau zu stecken , weil sich auf der Straße Protestierende festgeklebt haben. Und teilweise können solche Situationen sogar richtig gefährlich werden - zum Beispiel, wenn ein Krankenwagen behindert wird.
Von vielen Seiten wird der aktuelle Protest daher kritisiert und als „übertrieben“ oder „nicht zielführend “ dargestellt. Und von einigen Seiten werden die Aktivistinnen und Aktivisten sogar als „Klimaterroristen“ beschimpft. Ein Ausdruck, der 2022 zum Unwort des Jahres gewählt wurde, da er die Jugendlichen auf eine Stufe mit Kriminellen stellt.
Fest steht: Klimaaktivistinnen und -aktivisten sind sicher keine Terroristen. Trotzdem verstoßen sie mit ihren Aktionen immer wieder gegen geltende Gesetze. Und das hat Konsequenzen: Nach Sicherheitsverwahrungen und Geldbußen wurden im März 2023 sogar erste Haftstrafen gegen Aktivisten verhängt.
Für Helena von den „Jungen Liberalen“, der Jugendorganisation der „Freien Demokratischen Partei Deutschland (FDP)“ ist das nur logisch. Denn auch sie steht dem aktuellen Protest kritisch gegenüber:
Helena (Junge Liberale): „Wenn Protestierende Straftaten begehen, müssen sie auch mit den entsprechenden Folgen rechnen.“
„Ich bin Helena Herzig, 23 Jahre alt und lebe in Ludwigsburg. Als Mitglied im Bundesvorstand der Jungen Liberalen bin ich für den Social-Media-Auftritt und die Betreuung neuer Mitglieder verantwortlich. Neben meinem Engagement bei den Jungen Liberalen studiere ich Ressourceneffizienzmanagement und Nachhaltigkeit. Außerdem arbeite ich als Social-Media-Referentin im Deutschen Bundestag.“
Was bedeutet Klimaschutz für dich?
Wie findest du die aktuellen Protest-Aktionen von Klima-Aktivistinnen und Aktivisten?
Was darf Protest? Und wo gibt es für dich Grenzen?
Du siehst: Auf die Frage „Was darf Klimaaktivismus?“ beziehungsweise „Was darf Protest?“ gibt es keine einfache Antwort: Denn auf der einen Seite stehen die
stichhaltigen
Argumente von Klimaaktivistinnen und -aktivisten wie Jule, Leo und Lamin, die sich
mit Haut und Haaren
für das Thema einsetzen.
Und auf der anderen Seite gibt es auch viele kritische Stimmen, wie die von Helena. Am Ende liegt die Antwort also wahrscheinlich irgendwo zwischen den Positionen. Daher ist es auch so wichtig, über das Thema zu reden – und das am besten miteinander. Aus diesem Grund haben wir Jule, Leo, Lamin und Helena noch eine letzte Frage gestellt: Was würdet ihr der anderen Seite gerne sagen?
Höre dir hier ihre Antworten an:
Jule, Leo und Lamin, was würdet ihr Kritikerinnen und Kritikern des Protests gerne sagen?
Helena, was würdest du den Protestierenden gerne sagen?