Der Sportunterricht gehört zum Lehrplan in jedem Bundesland. Allerdings mit zu wenig Stunden. Meinen manche. Denn die Deutschen bewegen sich immer weniger und werden dicker. Sport ist nicht so wichtig wie andere Fächer, sagen die anderen. Die Schüler mögen das Fach einfach so.
Rennen, springen, spielen – das macht nicht nur Spaß, sondern ist für Schülerinnen und Schüler ein herrlicher Kontrast zum Unterricht: mal nicht nur still sitzen und ruhig sein. Das findet auch die 12-jährige Moana aus Berlin. Sie besucht die sechste Klasse einer Grundschule. Sport ist eines ihrer Lieblingsfächer, zusammen mit Kunst und Geschichte. „Sport macht einfach Spaß“, sagt sie. „Viel mehr als andere Fächer.“ Was ihr ganz besonders Spaß macht, kann sie gar nicht sagen. „Einfach alles.“ Momentan übt die Klasse intensiv Staffellauf und macht oft Ballspiele, erzählt sie.
Sportunterricht ist beliebt
Die meisten Jungen und Mädchen denken wie Moana: 75 Prozent freuen sich auf den Sportunterricht, nur 13 Prozent könnten darauf verzichten. Das hat die Studie „Sportunterricht in Deutschland“ im Jahr 2006 herausgefunden. Sie ist die einzige Untersuchung zum Schulsport, die bisher in Deutschland gemacht wurde. Dafür wurden Lehrer, Eltern und rund 9.000 Schülerinnen und Schüler aus vierten, siebten und neunten Klassen befragt. Einige kommen in der Studie zu Wort: „Ohne Sport ist man nicht gut in der Schule“, sagt ein 10-jähriger Junge. „Man muss sich austoben können, dann wird der Körper freier.“ Auch eine 15-Jährige meint das: „Wenn ich eine stressige Woche hatte und am Freitag Sport habe, dann kann ich alles vergessen.“ Die Begeisterung für den Sportunterricht ist in der vierten Klasse allerdings größer als in der neunten. Vor allem bei Mädchen lässt sie im Teenager-Alter ein wenig nach.
Zuerst vor allem Bewegung
In der Regel werden zwei oder drei Stunden Sport pro Woche unterrichtet. Wie der Sportunterricht genau abläuft, ist in den Bundesländern verschieden. Denn: Bildungsfragen liegen in Deutschland in Verantwortung der 16 Bundesländer. Außerdem unterscheidet sich der Sportunterricht je nach Schulstufe: „In der Grundschule stehen Spiel und Spaß an erster Stelle“, sagt Professor Dr. Claus Buhren, Leiter des Institutes für Schulsport und Schulentwicklung an der Hochschule für Sport in Köln. „Da ist es reiner Bewegungsunterricht.“ Die einzige Vorgabe: Die Kinder sollen schwimmen lernen und das Schwimmabzeichen ablegen, das sogenannte „Seepferdchen“.
Ein breites Angebot an Sportarten
In der Sekundarstufe I lernen die Mädchen und Jungen verschiedene Sportarten. „Der Lehrer muss ein breites Angebot machen“, sagt Buhren. „Die Kinder sollen die Vielseitigkeit von Bewegung kennenlernen.“ Und sie sollen erfahren, dass Sport Spaß macht. Der Unterricht soll motivieren, auch in der Freizeit in einem Verein Sport zu treiben. Darüber hinaus soll das Fach aber auch „ soziales Lernen vermitteln“, so Buhren. Das bedeutet, dass die Kinder lernen, im Team zu spielen, gegeneinander in Konkurrenz zu treten, zu gewinnen, aber auch zu verlieren und dabei fair zu bleiben. Für Moana aus Berlin ist Fairness besonders wichtig. Wenn andere Kinder nicht fair spielen, dann verdirbt das ihre Freude am Sport. „Viele wollen nur gewinnen“, sagt sie. „Mir geht es aber um den Spaß dabei.“ Gewinnen oder verlieren, das ist ihr nicht so wichtig, Hauptsache, es geht fair zu.
Einige Sportarten intensiv lernen
In der
Sekundarstufe II belegen die Schüler
Grund- und
Leistungskurse für einzelne Sportarten. „Ab da hat mir Sport erst richtig Spaß gemacht“, sagt die
Der 25-jährige Rouven Schleifer aus Köln erinnert sich daran, wie zu Beginn des elften Schuljahres an seiner Schule eine Liste aushing. „Da hatten die Lehrer ihr Sportangebot eingetragen und ich konnte wählen.“ Volleyball und Badminton waren das im ersten Halbjahr. Da er ein Sportgymnasium besuchte, wurden jedes Halbjahr zwei Sportarten durchgeführt. Die Auswahl war groß: Beachvolleyball, Handball, Nordic-Walking, Tischtennis. Nach der Schule hat er an der Sporthochschule Köln studiert, momentan macht er sein Referendariat als Sportlehrer. Sport habe ihn schon immer begleitet, sagt er. Also soll es auch im Beruf so sein. In der Schule hat ihm am Sportunterricht besonders gefallen, dass er sich dort mit anderen messen konnte. „Ich bin schon ein Wettkampftyp“, sagt er.
Rouven Schleifer über den Schulsport in seiner Schulzeit
Die sportliche Leistung verbessern
Und was finden die meisten anderen Kinder und Jugendlichen im Sportunterricht wichtig? Danach gefragt, welche Ziele der Unterricht haben sollte, wählten die meisten Jungen und Mädchen der Sekundarstufe I und II in der Studie das Ziel „die sportliche Leistung verbessern“. Für sie könnte der Unterricht sogar etwas schwieriger und anstrengender sein, gaben sie an. Darüber hinaus finden sie das Fach wichtig, weil es die Gesundheit fördert, für
Ausgleich zu den anderen Fächern sorgt und auch entspannt.
Auch wenn der Sportunterricht beliebt ist, wünschen die Schüler sich doch mehr
Abwechslung und mehr neue Sportarten – vor allem in der Sekundarstufe. Nicht nur Leichtathletik, Turnen, Fußball oder Basketball, sondern auch
Trendsportarten wie Tanzen, Baseball,
Kampfsport, Inline-Skaten oder Klettern. Die kommen im Sportunterricht bisher fast nicht vor.
Mehr Anerkennung für das Fach Sport
Sportwissenschaftler Claus Buhren findet es problematisch, dass zu viele Sportstunden ausfallen. Bei
Lehrermangel oder Krankheit werden sie viel zu oft gestrichen. „Die vorgesehenen drei Stunden im Sekundarbereich werden oft gar nicht unterrichtet“, sagt er. „Denn manche Lehrer und Schulleitungen denken, dass man auf Sport verzichten kann.“ Er wünscht sich generell mehr
Anerkennung für das Fach, vor allem mit Blick auf die steigende Zahl dicker Kinder und Jugendlicher in Deutschland.
Mehr Sportstunden gegen Übergewicht?
Als Grund für die Gewichtszunahme wird oft angeführt, dass junge Menschen zu viel vor dem Computer sitzen und sich nicht genug bewegen. Einige Wissenschaftler, Pädagogen und Politiker würden darum gern die Anzahl der wöchentlichen Sportstunden erhöhen. Auch Claus Buhren ist dafür – doch er befürwortet ohnehin jede zusätzliche Minute für Bewegung in der Schule. „Abnehmen werden die Kinder dadurch aber nicht“, sagt er. „Denn die Gründe für das Übergewicht liegen auch in der Familie.“
Für jüngere Kinder mit Übergewicht wären mehr Sportstunden allerdings wichtig, meint er. „Der Sportunterricht kann bei ihnen noch die Motivation steigern, und ihnen zeigen, dass Bewegung Spaß macht.“ Kritiker entgegnen andererseits, dass auch eine oder zwei Extra-Stunden nicht gegen das Übergewicht helfen würden. Wer sich nicht gern bewegt, werde auch für diese Stunden eine Entschuldigung finden, sagen sie.
Claus Buhren sieht da die Sportlehrkräfte in der Pflicht. Denn ob ein übergewichtiges Kind Spaß an Bewegung bekommt, hänge oft von ihnen ab. „Manche lassen diese Kinder aber links liegen und wenden sich den fitten zu“, sagt er. Und daraus entsteht ein großes Problem: Kinder, die sich nicht bewegen wollen und Lehrer, die sich nicht um sie kümmern. Das müsse sich ändern, so Buhren. Denn: Spaß an der Bewegung, das ist der Schlüssel.
Professor Dr. Claus Buhren, Leiter des Institutes für Schulsport und Schulentwicklung an der Hochschule für Sport in Köln, über Schulsport in Deutschland
Was macht den Sportunterricht an Schulen in Deutschland aus?
Ist Schulsport vor allem für die Kinder wichtig, die außerhalb der Schule keinen Sport treiben?
Wie oft findet der Sportunterricht an Schulen in Deutschland statt?
Wie hat sich der Schulsport im Vergleich zu Ihrer eigenen Schulzeit entwickelt?
Wie lässt sich der Schulsport heute noch verbessern?
Wie wichtig ist Schulsport heute?