Die Art und Weise, wie wir einkaufen, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Online zu shoppen ist mittlerweile für viele Deutsche völlig normal und unverzichtbar. Doch auch abseits des Onlinehandels verbreiten sich neue, innovative Arten einzukaufen, sowohl digital als auch analog.
Wer das Lebensmittelgeschäft Original Unverpackt in Berlin betritt, denkt erst einmal nicht an eine neue Form des Einkaufens, sondern vielmehr an die gute alte Zeit der Tante-Emma-Läden: Hinter einer Verkaufstheke bedecken Kacheln die Wand, davor sind frische Brote ausgelegt, im Laden stehen Holzregale, darin große Gläser mit Nüssen, Keksen, Gewürzen oder Tee.
Das Geschäft strahlt eine Gemütlichkeit aus, die man in der hektischen Großstadt selten findet. Nur die großen durchsichtigen Röhren aus Plastik, die eine ganze Wand bedecken, wirken etwas futuristisch. Darin sind Nudeln, Reis, Bohnen, Getreideflocken und vieles mehr. Das Geschäft ist voller Lebensmittel, doch bunte, glänzende Plastikverpackungen wie man sie in normalen Supermärkten überall sieht, gibt es hier nicht. Hier ist alles unverpackt. Fast 200 Unverpackt-Läden gibt es mittlerweile in Deutschland. Geführt werden sie von Menschen, die etwas gegen die steigende Menge an Einwegverpackungen tun wollen. Eine von ihnen ist Milena Glimbowski. Mit Original Unverpackt hat sie 2014 eines der ersten Geschäfte dieser Art eröffnet.
Mit Schraubglas und Stoffbeutel zum Einkaufen
In der Öffentlichkeit war das Thema damals neu, sie selbst habe es aber schon immer beschäftigt, sagt Glimbowski. „Schon als Kind hatte ich darüber nachgedacht, ob man beim Einkaufen nicht eigene Behälter mitbringen und auf Verpackungen verzichten könnte.“ Konkreter wurden diese Gedanken dann während ihres Studiums. „Ich habe oft mit einer Freundin gekocht und wir waren jedes Mal erstaunt, wie viel Verpackungsmüll wir danach hatten“, sagt sie. „Da kamen mir die Gedanken aus meiner Kindheit wieder in den Sinn und die Idee zu Original Unverpackt ist entstanden.“ Das Konzept dahinter ist einfach: Wer hier einkauft, bringt eigene Behälter mit und befüllt sie selbst: in Gläser, in Plastikdosen, Flaschen oder Beutel. So werden Plastikverpackungen eingespart, die mit viel Energie produziert und schnell wieder weggeworfen werden. Die Lebensmittel selbst in die Behälter zu füllen, hat noch einen anderen Vorteil: Man kann auch kleine Mengen kaufen.
Nicht nur unverpackt, auch bio und regional
Viele der Läden verkaufen ihre Waren nicht nur ohne Verpackung, sondern auch in Bio-Qualität. So auch Original Unverpackt. „Wir haben fast nur Bio-Produkte“, sagt Milena Glimbowski, „bevorzugt regional angebaut oder produziert“. Das verpackungsfreie Einkaufen hat viele Vorteile – aber auch Nachteile. Zum Beispiel erfordert es etwas Planung: Wer nach der Arbeit einkaufen möchte, muss morgens daran denken, Beutel, Gläser und Flaschen mitzunehmen. Das und der etwas höhere Preis schrecken so manchen ab. Obwohl es Unverpackt-Läden in vielen deutschen Städten gibt, sind sie dennoch ein Nischenphänomen, genutzt von Menschen, denen die Umwelt und sehr gute Lebensmittel wichtig sind, und die auch bereit sind, mehr dafür zu zahlen. „Es sind aber schon mehr Leute als noch vor sechs Jahren“, sagt Milena Glimbowski. „Das bewusste Einkaufen spielt jetzt eine größere Rolle – auch in den sozialen Medien.“
Wie bieten Sie die Lebensmittel an und warum?Pop-up-Stores – plötzlich da und dann wieder weg
Bei der Verbreitung der neuen Formen des Einkaufens spielen soziale Medien eine nicht unerhebliche Rolle. Auch Pop-up-Stores wären ohne sie nicht so verbreitet. Denn diese Läden existieren nur für eine bestimmte, meist kurze, Zeit, zum Beispiel in leerstehenden Geschäften, Büros oder Gebäuden. Besonders beliebt sind sie bei jungen Unternehmen aus der Modebranche. So ein Unternehmen ist Jesango, das faire und nachhaltige Mode online verkauft. Das Unternehmen ist gerade mal ein Jahr alt und hat im September einen Pop-up-Store in einem Einkaufszentrum in der Münchener Innenstadt bezogen. Sophia Wittrock, eine der drei Inhaberinnen von Jesango, sagt, warum: „Mit einem Pop-up-Store können wir testen, wie gut unser Produkt vor Ort funktioniert und auch, wie gut der Standort ist.“ Außerdem könnten sie so auch herausfinden, was es bedeute, einen Laden zu haben, sagt sie. „Denn da hängt viel mehr dran, als man denkt.“ Bis Ende des Jahres wollen sie den Laden erst einmal betreiben, vielleicht sogar länger. Für einen Pop-up-Store ist das ungewöhnlich lange.
Warum sind Pop-up-Stores für Sie als Online-Unternehmen interessant?Dies ist schon der dritte Pop-up-Store von Jesango. Den ersten haben die Inhaberinnen kurz nach der Gründung eröffnet und dort drei Tage lang ihre Produkte präsentiert. „Der Laden war in einem Hinterhaus", sagt Sophia Wittrock. „Es waren nur wenige Leute da, aber die waren genau unsere Zielgruppe.“ Gemütlich sei es gewesen und sehr kommunikativ. „Genau, was wir wollten“, sagt sie, „unsere Kunden kennenlernen und Feedback bekommen“. Auch das sind Gründe für einen Pop-up-Store.
Nützliches Feedback und Marketingeffekt
Mit dem jetzigen Geschäft auf Zeit wollten die drei Inhaberinnen mehr Öffentlichkeit erreichen, nicht nur die Stammkunden, sondern ganz neue Leute. Dafür ist der Laden in der Innenstadt genau richtig. „Hier kommen jeden Tag viele Menschen auf dem Weg zur Arbeit vorbei“, sagt Sophia Wittrock. „Sie sehen unseren Namen und unsere Produkte. Dieser Pop-up-Store hat einen großen Marketingeffekt für uns.“ Und auch hier kommen die Inhaberinnen mit Menschen ins Gespräch, doch dieses Mal mit sehr unterschiedlichen. „Wir treffen hier auch Leute, die noch nichts mit nachhaltiger Mode zu tun hatten und nicht wissen, warum sie teurer ist“, so Wittrock. „Das ist das Coole an einem echten Laden: Man spricht mit den Kunden. Online ist es schwierig, gutes Feedback zu bekommen.“
Es gibt verschiedene Arten von Pop-up-Stores, die meisten zeichnen sich durch einen gewissen Event-Charakter aus. Das bedeutet: Es finden zum Beispiel auch Lesungen und Vorträge statt oder es gibt Kaffee und Kuchen. Andere Pop-up-Stores sind dagegen nur an bestimmten Tagen geöffnet. So macht es zum Beispiel die Band Rammstein. Seit zwei Jahren betreibt sie außerhalb von Berlin einen Laden. Dieser befindet sich zwar am immer gleichen Ort, geöffnet hat er aber nur ein oder zwei Mal im Monat. So wird Einkaufen zum Erlebnis – auch das ist eine neue Form des Einkaufens.
Einkaufen ohne Schlange zu stehen
Wer über das Einkaufen der Zukunft nachdenkt, stellt sich natürlich auch Geschäfte ganz ohne Kassen vor. In einigen Supermärkten kann man schon einkaufen, ohne an einer Kasse zu zahlen. Die Kunden benötigen dafür eine App, die sie auf ihrem Smartphone installieren. Damit scannen sie alle Waren selbst ein und zahlen am Ende digital. Wenn sie bezahlt haben, bekommen sie einen Code auf ihr Smartphone, mit dem sie eine Schranke am Ausgang öffnen. Wer so einkauft, muss nicht mehr an der Kasse Schlange stehen und hat den Einkauf schneller erledigt. Allerdings beunruhigt es gerade in Deutschland viele Menschen, was die Unternehmen mit den gesammelten Daten machen. Zusätzlich stellt sich die Frage: Haben die Kunden wirklich Lust jedes Produkt selbst einzuscannen? Wahrscheinlich werden sie das bald gar nicht mehr müssen. In den USA betreibt Amazon schon Läden, in denen Sensoren und Videokameras erkennen, was eine Person in ihren Korb packt. Hier reicht es, mit der App auf dem Smartphone an der Tür ein- und wieder auszuchecken, den Rest übernimmt die Technik.