Betty Wilde ist Contentmanagerin beim Reiseanbieter FairAway, der sich auf nachhaltige Reisen spezialisiert hat.
Wann hat sich FairAway zum ersten Mal mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt und warum?Was bedeutet nachhaltiges Reisen für FairAway?
Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Natürlich spielt die Umwelt dabei eine wichtige Rolle. Wir sorgen aber auch dafür, dass das Geld aus dem Tourismus wirklich bei der Bevölkerung vor Ort ankommt. Dafür arbeiten wir mit Reiseprofis, Guides sowie Besitzerinnen und Besitzern von Homestays vor Ort zusammen. Unsere Reisenden unternehmen lokale Aktivitäten, zum Beispiel Kochkurse, übernachten in kleinen Familienpensionen statt in großen Hotels und lernen die Kultur und die Menschen vor Ort wirklich kennen. Der gegenseitige Austausch sorgt für einzigartige Erfahrungen. Darüber hinaus beschäftigen wir uns auch mit der sozialen Komponente der Nachhaltigkeit. In unserem Verhaltenskodex garantieren wir unter anderem faire Arbeitsbedingungen für alle und die Einhaltung der Menschenrechte.
Inwiefern wird die Pandemie das Reisen langfristig verändern?
Wir glauben, dass die Pandemie eine echte Chance für nachhaltiges Reisen ist. Wir haben den Eindruck, dass die Menschen Reisen jetzt mehr zu schätzen wissen. Durch Corona musste jeder und jede Einzelne Verantwortung übernehmen und wir hoffen, dass Reisende auch nach der Pandemie rücksichtsvoller, bewusster und verantwortungsbewusster unterwegs sein werden. Außerdem werden Reiseziele innerhalb Europas beliebter, die man mit dem Zug und ohne Flugzeug erreichen kann.
In der Reisebranche hat sich seit der Pandemie viel verändert. Viele Reiseveranstalter haben ihr
Portfolio nachhaltiger gestaltet und sind stärker in Kontakt mit der lokalen Bevölkerung. Auch an den Urlaubszielen wird an einem nachhaltigeren Verhalten gearbeitet. So hat Frankreich zum Beispiel Inlandsflüge für Strecken verboten, die innerhalb von zweieinhalb Stunden mit dem Zug erreicht werden können. Ein Risiko könnte sein, dass manche Menschen nach der Pandemie so reiselustig sind, dass sie anfangen,
ohne Rücksicht auf Verluste zu reisen. Das würde Probleme wie zu viel CO2-Ausstoß oder Overtourism verstärken. Wir sind aber zuversichtlich, dass die positiven Effekte
überwiegen.
Welche Veränderungen hat die Pandemie konkret bei FairAway angestoßen?
Wir haben umgedacht und neue Konzepte entwickelt: Zum Beispiel bieten wir jetzt Online-Kochkurse, live aus Georgien oder Sri Lanka, mit unseren Reiseexpertinnen und -experten an. So können unsere Kundinnen und Kunden sich in der Zeit, in der sie nicht reisen können, trotzdem an ihre Lieblingsorte träumen. Um unser Team vor Ort darüber hinaus zu unterstützen, haben wir außerdem Spenden gesammelt. Es ist sehr wichtig, dass man in so einer Situation zusammenhält.
Wie können Reisen künftig noch nachhaltiger gestaltet werden?Welche Trends zeichnen sich in der Reisebranche ab?
Wir sehen definitiv einen Trend zum nachhaltigen und individuellen Reisen. Reisende möchten gerne abseits der ausgetretenen Pfade unterwegs sein, zum Beispiel sind Georgien, die Mongolei, die Kapverden und Rumänien sehr beliebt. Außerdem glauben wir, dass mehr Leute Workations, also die Kombination aus Arbeiten und Urlaub, machen werden. Schließlich arbeiten gerade sehr viele Menschen im Homeoffice, warum also nicht vom Strand aus? Darüber hinaus geht der Trend dahin, länger unterwegs zu sein, anstatt nur für ein Wochenende in eine Stadt zu fliegen. Dieses sogenannte „Slow Travel“ bewirkt, dass Reisende länger vor Ort sind.