Sie möchten eine Schulpartnerschaft beginnen und wissen nicht wie? Drei deutsche Lehrkräfte erzählen von ihren Partnerschaften mit Indien, der Ukraine und Südafrika und geben Tipps für Start und Durchführung.
„Hast du deinen Impfausweis, die Gastgeschenke, den Schlafanzug?“ fragen die Eltern vor der Abreise noch einmal, aber ihre Kinder reden viel lieber über die Gastfamilien oder die Schule im Ausland, die sie nun für ein paar Wochen besuchen werden. Für Eltern und Jugendliche geht das Abenteuer Schüleraustausch gerade erst los. Die betreuenden Lehrkräfte hingegen stecken bereits seit Monaten mittendrin in der Organisation von Reise, Programm, Versicherung, … im besten Fall unterstützt durch den Pädagogischen Austauschdienst (PAD) des Sekretariats der Kultusministerkonferenz.
Der PAD fördert Partnerschaften zwischen Schulen in den Schwerpunktregionen der PASCH-Initiative und Schulen in Deutschland. Die Fördermaßnahmen umfassen Zuschüsse zu vorbereitenden Besuchen, zu den Fahrtkosten für ausländische und für deutsche Schülergruppen sowie Zuschüsse zu den Kosten, die in Zusammenhang mit einem gemeinsamen Projekt entstehen. Doch alle Programme leben vom unermüdlichen Engagement der Lehrkräfte an den beteiligten Schulen, ihren Ideen und von vielen, oft ehrenamtlich geleisteten, Stunden Vorbereitungsarbeit. Drei Lehrkräfte haben PASCH-net erzählt, wie alles begann, worauf sie besonders achten und geben Tipps für neue Schulpartnerschaften.
© Adolf-Weber-Gymnasium
© Gesamtschule Ückendorf
© Alexander May
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© Alexander May
Der erste Kontakt – Partnerschulnetz.de und persönliche Kontakte
Mareike Raabe, Lehrerin und Koordinatorin von internationalen Projekten an der Gesamtschule Ückendorf in Gelsenkirchen koordiniert eine Schulpartnerschaft mit der vom Goethe-Institut betreuten PASCH-Schule Modern High School for Girls in Kolkata, Indien. Auf der Suche nach einer Partnerschule ist sie im Internet auf die Schulpartnerbörse der PASCH-Initiative www.partnerschulnetz.de gestoßen und hat dort ein Gesuch aufgegeben. Nach einem ersten Kontakt per E-Mail konnte Raabe schnell mit zwei Kolleginnen zu einem vom PAD geförderten Vorbereitungsbesuch nach Kolkata aufbrechen. Eine tolle Gelegenheit, so Raabe, um das Austauschprojekt gemeinsam zu planen und sich dabei persönlich kennenzulernen.
Ein gutes Verhältnis zwischen den betreuenden Lehrkräften zählt auch Alexander May zu den wesentlichen Kriterien für einen gelungenen Schüleraustausch. Er ist Mittelstufenkoordinator und Leiter der Fachkonferenz Deutsch am Burgau-Gymnasium Düren und koordiniert den Austausch seiner Schule mit der von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) betreuten PASCH-Schule Gymnasium Nr. 167 Kiew in der Ukraine. Über den ehemaligen Direktor kam eher zufällig ein Kontakt zu der Schule zustande, die eine Partnerschule in Deutschland suchte. Die Gelegenheit hat May genutzt und geholfen, die Schulpartnerschaft aufzubauen. Bei dem Austausch beherbergen sich die Lehrkräfte gegenseitig. Für May essentiell, denn „dadurch kommt man ganz anders ins Gespräch, sitzt abends zusammen und so haben wir eine gemeinsame Ebene entwickelt, auf der wir jetzt sehr gut zusammenarbeiten.“
Tandems bilden, vorbereiten, Bedenken zerstreuen
Nach dem ersten Kontakt beginnt die Organisation. Karin Eberle, Fachbetreuerin für Englisch am Städtischen Adolf-Weber-Gymnasium München betreut eine Schulpartnerschaft mit der Deutschen Internationalen Schule Kapstadt (DAS) in Südafrika. Für sie ist das richtige „Matching“ besonders wichtig, also welche Schülerinnen und Schüler bei welchen Familien wohnen. Mit einem Fragebogen werden Hobbys und Vorlieben, aber auch Allergien und Essgewohnheiten abgefragt. „Das Matching ist eine wichtige Voraussetzung für einen harmonischen und reibungslosen Ablauf des Austausches, damit sich die Tandems gut verstehen, aber auch, damit kein Allergiker in einen Haushalt mit Katze kommt.“
Wenn die Tandems stehen, können sich die Schülerinnen und Schüler schon vor dem Austausch gegenseitig kontaktieren und Fragen stellen. Whatsapp, E-Mail, PASCH-net, Facebook – Optionen für einen virtuellen Austausch vor dem Austausch gibt es viele. Ein großer Vorteil, findet auch Alexander May, der beim Partnerland Ukraine mit vielen Bedenken bei Eltern und Jugendlichen konfrontiert ist. „Wir merken immer mehr, dass die Teilnehmenden in direktem Kontakt zueinander stehen und so Informationen bekommen. Das geht schon sehr viel schneller als früher.“
Mareike Raabe hatte das Glück, dass die betreuende Lehrerin aus Kolkata sogar selbst zum Elternabend nach Gelsenkirchen kommen konnte, weil sie für einen Sprachkurs am Goethe-Institut in Deutschland war. „So konnten wir bei den Eltern viele Bedenken ausräumen, ihnen die Schule und das Umfeld vorstellen und sie auch über die Sicherheitslage aufklären.“
Nachhaltigkeit, Ernährung, Europa – Projekte, die alle etwas angehen
Neben dem Schulbesuch und gemeinsamen Freizeitaktivitäten hat es sich für alle drei Lehrkräfte bewährt, den Austausch mit einem konkreten Projekt zu verbinden. „Wir haben ein langes Brainstorming gemacht und uns zum Ziel gesetzt, die Jugendlichen für nachhaltige Ernährung zu sensibilisieren“, erzählt Mareike Raabe. Das Ergebnis war ein Kalender mit saisonalen Produkten, der jeden Monat für Indien und Deutschland ein Lebensmittel zeigt und erklärt, was gerade reif ist.
Die Schülerinnen und Schüler von Karin Eberle haben in Südafrika eine Bäckerei unterstützt, die besonders nährstoffreiche Muffins für Schulen in ärmeren Stadtvierteln backt. „Auch für die Schülerinnen und Schüler der Deutschen Schule Kapstadt war dieses Projekt ein Erlebnis. Es ist eine Privatschule und obwohl sie an den Problemen vor Ort viel näher dran sind als unsere Schülerinnen und Schüler, haben sie dennoch oft wenig Kontakt zu Schulen in Townships, die ausschließlich von schwarzen Kindern besucht werden.“
Alexander May besucht gerne mit der deutsch-ukrainischen Gruppe das Dreiländereck zwischen Deutschland, den Niederlanden und Belgien. „Für die Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine ist es jedes Mal ein Aha-Erlebnis, weil die Grenze dort einfach offen ist. Im Gespräch merken dann auch die Deutschen, dass es nicht überall so ist und wir sprechen über den langsamen Prozess der Annäherung bis zum Schengen-Abkommen. So sehen sie das Thema Offenheit und Toleranz in Europa live vor Ort.“
Doch es darf auch nicht zu viel Programm sein, sagt Mareike Raabe: „Aus den ersten Erfahrungen habe ich gelernt, dass wir sehr ambitioniert waren. Es ist wichtig, dass man eine Balance zwischen fachlicher Projektarbeit, sozialen Aktivitäten und Zeit für interkulturellen Austausch findet.“
Die ganze Schule kann teilhaben
Damit die ganze Schule von dem Austausch profitieren kann, sollten auch die Kolleginnen und Kollegen, die Elternschaft und die anderen Schülerinnen und Schüler eingebunden werden. „An unseren Projekttagen mit den Jugendlichen aus Südafrika nimmt die ganze Schule teil“, erzählt Karin Eberle aus München. „Auf südafrikanischer Seite kooperieren wir auch mit der Townshipschule Langa, die wir bei unseren Aufenthalten dort immer besuchen. Außerdem sind in beiden Schulen die Schülerzeitungen involviert.“
Alexander May pflegt in Düren einen Glaskasten mit Informationen zum Austausch mit der Ukraine. „Dort teilen wir Briefe oder E-Mails, damit man sieht, dass der Austausch noch aktiv ist und alle wissen, dass gerade etwas passiert. Zudem gibt es in beiden Ländern immer ein Kulturprogramm, bei dem die Gäste kleine Theaterstücke, Gedichte oder Tänze ihrer Länder präsentieren, zu dem die gesamte Schulgemeinschaft eingeladen ist.“
Kollegen einbinden und Finanzierung sichern
Welche Tipps möchten sie interessierten Lehrkräften mitgeben, die auch eine Schulpartnerschaft eingehen möchten? Für Mareike Raabe ist das ganz klar: Teamarbeit. Das Austauschprojekt sollte unbedingt zu zweit organisiert werde, damit man sich im Krankheitsfall oder im Urlaub vertreten kann. Trotzdem sollte das Organisationsteam nicht zu groß werden, um Abstimmungen zu erleichtern. „Wenn der Besuch dann stattfindet, ist natürlich jede Hilfe willkommen, damit man in den zwei Wochen auch seine anderen Klassen noch unterrichten kann.“ Diesen Tipp gibt auch Alexander May: „Es hat Vorteile, wenn immer dieselben hauptverantwortlichen Lehrkräfte das Programm organisieren. Es hat aber auch Vorteile, wenn die Begleitlehrkräfte gelegentlich wechseln, weil man dann einen besseren Rückhalt im gesamten Kollegium hat.“
Er findet es außerdem wichtig, dass der Austausch regelmäßig stattfindet und motiviert die ehemaligen Teilnehmenden dazu, von ihren Erfahrungen zu berichten, damit der Austausch im Schulleben präsent bleibt. Karin Eberle zählt ein altersgemäßes Programm zu den wichtigen Punkten des Schüleraustausches, erinnert aber auch daran, sich um Finanzierungsmöglichkeiten zu kümmern. „Neben PASCH bekommen wir zum Beispiel Gelder von der Bayerischen Staatskanzlei und der Stadt München. Trotzdem müssen die Teilnehmenden noch etwa 600 bis 700 Euro selbst zahlen. Für manche Familien ist das immer noch sehr viel.“
Im Interview erzählen die drei Lehrkräfte mehr über ihre Austauschprogramme mit Indien, Südafrika und der Ukraine.
Düren-Kiew – Neun Jahre Austausch trotz politischer Krise
Alexander May ist Mittelstufenkoordinator und Leiter der Fachkonferenz Deutsch am Burgau-Gymnasium Düren (Nordrhein-Westfalen) und koordiniert ein Austauschprogramm mit der von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) betreuten PASCH Schule Gymnasium Nr. 167 in Kiew, Ukraine. Seit 2008 besuchen sich Gruppen der beiden Schulen im jährlichen Wechsel.
Wie hat Ihr Schulpartnerschaftsprogramm begonnen?
Das war ein Riesenzufall. Unser Konrektor hatte im Jahr 2007 Kontakt zu einer anderen deutschen Schule, die in Kiew nach einer Partnerschule gesucht hat. Auf deren Anfrage haben sich zwei Schulen in Kiew zurückgemeldet. Das habe wir als Chance gesehen und beschlossen, mit der zweiten Schule ein Austauschprogramm aufzubauen. Da wir eine Schule mit bilingualem Bildungsgang sind, haben wir bereits Programme mit Frankreich und den USA. Da kam uns der Kontakt nach Osteuropa gerade recht, um Offenheit in alle Richtungen zu zeigen. Außerdem haben wir uns schon beim ersten Kontakt persönlich gut verstanden. Es hat einfach gepasst.
Nach einer ersten höflichen Kontaktaufnahme per E-Mail und später Telefon haben wir langsam das Programm entwickelt. Da geht es zuerst um Fragen der Reiseorganisation, Visa und so weiter, bis es dann losgehen kann. Als wir dann zum ersten Mal dort waren, haben wir auch bei den Kollegen dort gewohnt. Dadurch kommt man ganz anders ins Gespräch, sitzt abends zusammen und so haben wir eine gemeinsame Ebene entwickelt, auf der wir jetzt sehr gut zusammenarbeiten. Manchmal sind es die kleinen Katastrophen, wie dass ein Kind krank wird, die zusammenschweißen. Da merkt man die kulturellen Unterschiede, aber auch, dass man Dinge gemeinsam lösen kann.
Wie bereiten Sie Ihre Schülerinnen und Schüler auf die Begegnungen vor?
Die Hürde „Ukraine“ ist für Teilnehmende und Eltern immer noch hoch, vor allem, seit der Konflikt mit Russland so stark präsent ist. Die Lehrkräfte aus der Ukraine haben deswegen einen Brief an die Eltern geschrieben und erzählt, wie die Lage in der Stadt gerade ist. Auch die Schülerinnen und Schüler, die bereits teilgenommen haben, berichten darüber. Wir merken auch immer mehr, dass die Teilnehmenden in direktem Kontakt zueinander bleiben und so Informationen zu uns kommen. Das geht schon sehr viel schneller als früher.
Mit der Vorbereitung fangen wir ein halbes Jahr vorher an und machen Infoveranstaltungen für die betreffenden Jahrgänge. Danach können sich Interessierte anmelden und danach treffen wir uns mit Eltern und Schülern noch mehrmals. Wenn die Ukrainer zu uns kommen, machen wir ebenfalls kurz vorher einen Elternabend und weisen darauf hin, was bei Austauschen so alles passieren kann. Ein Thema ist dabei in beiden Ländern immer das Essen. In der Ukraine gibt es oft morgens etwas Warmes und wenn unsere Mädchen dann lieber weniger oder gar nichts essen, bekommen wir gleich Anrufe von den Eltern. Und andersherum erwarten die Schüler aus der Ukraine, mehr versorgt zu werden, also zum Beispiel ein großes Lunchpaket zu bekommen. Außerdem haben die Ukrainer oft gelesen, dass in Deutschland so viel auf den Wasserverbrauch geachtet wird. Manche trauen sich dann nicht, jeden Tag zu duschen. Da muss man dann überlegen, wie man kommuniziert, dass sie es doch dürfen.
Bevor wir in die Ukraine fahren, versuchen wir ebenfalls unsere Teilnehmenden auf Land und Leute vorzubereiten. Die wohnen oft sehr anders als unsere Schülerinnen und Schüler. In der Nähe der Schule sind noch viele alte Breschnew-Häuser. Die Wohnungen sind im Privatbesitz, aber das Gebäude gehört einer Firma. Das kann dazu führen, dass die Wohnungen sehr schön und liebevoll eingerichtet sind, die Häuser von außen aber nach unseren Maßstäben nicht so gepflegt aussehen. Das erklären wir, damit die Schülerinnen und Schüler nicht geschockt sind, wenn sie dort ankommen.
Was sind die wichtigsten Erlebnisse für Schülerinnen und Schüler (in Deutschland und im Gastland), die sie nur in einem persönlichen Austauschprojekt erleben können?
Wenn es geht, machen wir eine Übernachtungsfahrt mit der gesamten Gruppe, Ukrainern und Deutschen. Das schweißt die Gruppe ganz anders zusammen, weil sie mehrere Tage gemeinsam verbringen, zusammen essen und dann auch auswärts übernachten. Für den nächsten Besuch überlegen wir, nach Straßburg zu fahren, um das Europaparlament anzuschauen. Außerdem liegt Düren in der Nähe der Niederlande und Belgien. Da fahren wir gerne zum Dreiländereck - für die Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine jede Mal ein Aha-Erlebnis, weil die Grenze dort einfach offen ist. Im Gespräch merken dann auch die Deutschen, dass es nicht überall so ist und wir sprechen über den langsamen Prozess der Annäherung bis zum Schengen-Abkommen. So sehen sie das Thema Offenheit und Toleranz in Europa live vor Ort.
Worauf legen Sie wert, wenn Sie das Programm erstellen?
Vor dem Hintergrund der aufkommenden Konflikte und auch der Kritik an Europa, haben wir uns in diesem Jahr für „Zukunftsvision Europa“ entschieden. Das Thema hat auch sehr viele Facetten wie den Umweltschutz, die wir dann thematisieren und überprüfen. Wir haben eine Fotosafari gemacht und dabei Flaschencontainer fotografiert und Leute interviewt, ob sie da auch etwas reinwerfen. Zum anderen arbeiten wir mit den Kursen der Sozialwissenschaften und Politik zusammen, die ein Planspiel entwickelt haben. Da übernehmen die Ukrainer die Rolle der Deutschen und andersherum. Das hat den Vorteil, dass sie direkt fragen können, wenn sie eine Situation im Rollenspiel haben, mit der sie nicht weiterkommen. Das ist ganz anders, als nur zu recherchieren. Zum Beispiel: Alle sprechen Russisch, aber ihr habt trotzdem Konflikte mit Russland. Wie kommt das denn? Wir sind immer erstaunt, wie stark die Jugendlichen das reflektieren, auch wenn sie noch jung sind.
Hat die Partnerschaft auch eine Wirkung auf andere Personen im Umfeld der Schule?
Der Austausch ist immer präsent, wie alle unsere Austauschprogramme. Es gibt zum Beispiel einen Glaskasten, in dem wir informieren und alle, die zum Elternabend oder am Schultag vorbeikommen, können sich das anschauen. Dort teilen wir Briefe oder E-Mails, damit man sieht, dass der Austausch noch aktiv ist und alle wissen, dass in diesem Austausch gerade etwas passiert. Zudem gibt es in beiden Ländern immer ein „Kulturprogramm“, bei dem die Gäste kleine Theaterstücke, Gedichte oder Tänze ihrer Länder präsentieren, zu dem die gesamte Schulgemeinschaft eingeladen ist.
Welche Tipps möchten Sie interessierten Lehrkräften mitgeben, die auch eine Schulpartnerschaft eingehen möchten?
Es ist wichtig, einen Ort zu schaffen, wo sich der Austausch immer wieder präsentiert, damit das Programm im Gespräch bleibt. Das klappt am besten, wenn die ehemaligen Teilnehmenden die Infoveranstaltung für die nächsten Jahrgänge durchführen und dabei viele eigene Reiseerlebnisse erzählen. Eine Regelmäßigkeit, also eine Ritualisierung, ist auch wichtig. Dann ist für alle klar, wann der Austausch stattfindet und alle können sich darauf einstellen – Schüler, Eltern, die Schule. Außerdem rate ich den Begleitlehrern zu Offenheit, weil es sehr auf die zwischenmenschliche Ebene ankommt, ob ein Programm funktioniert. Es hat Vorteile, wenn immer dieselben hauptverantwortlichen Lehrkräfte das Programm organisieren. Es hat aber auch Vorteile, wenn die Begleitlehrkräfte gelegentlich wechseln, weil man dann einen besseren Rückhalt im gesamten Kollegium hat. Außerdem können die Partnerlehrer zu einer Hospitation zu uns kommen und den Lehreralltag miterleben. Das ist auch eine tolle Chance, wenn man den Kontakt schon einmal hat.
Gelsenkirchen-Kolkata – Soziale Überraschungen und Deutsch als Brücke
Mareike Raabe, Lehrerin und Koordinatorin von internationalen Projekten an der Gesamtschule Ückendorf, Gelsenkirchen, koordiniert die Schulpartnerschaft mit der vom Goethe-Institut betreuten PASCH-Schule Modern High School for Girls, Kolkata, Indien. Der erste Besuch fand 2017 in Gelsenkirchen statt. Der Gegenbesuch ist für Herbst 2017 in Kolkata geplant.
Wie hat Ihr Schulpartnerschaftsprogramm begonnen?
Ich habe im Internet nach Partnerschulen außerhalb Europas gesucht und bin dabei auf PASCH und www.partnerschulnetz.de gestoßen. Da habe ich ein Gesuch aufgegeben und die indische Schule hat sich mit ausführlichen Informationen zurückgemeldet. Dann haben wir uns per E-Mail ausgetauscht und ziemlich schnell ein konkretes Projekt geplant. Als Nächstes konnten wir dann zu dritt zu einem vorbereitenden Besuch, der über den PAD gefördert wurde, nach Indien fliegen und haben im Anschluss an beiden Schulen eine Deutschland-Indien-Arbeitsgruppe gegründet, für die sich jeweils 14 Teilnehmende anmelden konnten. Um sie miteinander zu vernetzen, sind wird bei WhatsApp gelandet, weil die Schülerinnen zum Teil gar keine E-Mailadresse haben. Es sind tatsächlich nur Mädchen, da die Partnerschule in Indien eine Mädchenschule ist.
Meine Kontaktperson, Frau Asmita Chatterjee, war außerdem für einen Sprachkurs am Goethe-Institut in Hamburg. In der Zeit haben wir uns auch getroffen, um den Besuch unserer Schülerinnen in Indien vorzubereiten und einen Elternabend in Deutschland durchzuführen. So konnten wir bei den Eltern viele Bedenken ausräumen, ihnen die Schule und das Umfeld vorstellen und sie auch über die Sicherheitslage aufklären. Und es ist ein großer Vorteil, dass die Schülerinnen aus Indien Deutsch lernen. Wir haben einen sehr hohen Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund und viele Eltern sprechen kein Englisch. Da sind die Eltern sehr froh, dass ein Kind kommt, dass auch schon Deutsch spricht. Außerdem ist es beruhigend, dass die Ansprechperson in Indien auch Deutsch spricht. Das ist ein wirklich großer Vorteil und macht PASCH so besonders. So hat der Austausch begonnen und es gab einen ersten Besuch der indischen Schülerinnen bei uns im Mai 2017.
Was sind die wichtigsten Erlebnisse für Schülerinnen und Schüler (in Deutschland und im Gastland), die sie nur in einem persönlichen Austauschprojekt erleben können?
Das Schöne ist, dass man das Gastland Indien oder Deutschland nicht als Tourist bereist, sondern mit Einheimischen erlebt. Man hat viel bessere Einblicke in das andere Land, wenn man bei jemandem zu Hause wohnt. Während meines Aufenthaltes bei der Lehrerin habe ich ein ganz neues Indien erlebt. Ein reiches Indien, in dem Fall mit großer Wohnung und Chauffeur. Man lernt viel über lokale Traditionen, Gepflogenheiten und die Art zu arbeiten. Weil unsere Partnerschule eine Privatschule ist, ist dort auch mehr Geld vorhanden als bei uns in Gelsenkirchen. Das war eine Überraschung für unsere Schülerinnen, die sich Indien immer als sehr armes Land vorgestellt haben. Unsere Austauschschule ist nun aber ein ganz anderes Milieu, das sie nicht erwartet haben.
Trotzdem haben sich die Besucherinnen auch bei uns in Gelsenkirchen sehr wohl gefühlt und einige haben kleine Übernachtungspartys organisiert, bei denen sie sich gegenseitig besucht haben. Es gab aber auch für die Inderinnen ein paar Überraschungen. Dass sie zum Beispiel Ärger bekommen, wenn sie zu spät nach Hause kommen, weil sich die Gastmutter Sorgen macht. Es sind die ganz vielen kleinen Geschichten, die im Nachhinein im Gedächtnis bleiben und den Blick auf das eigene Umfeld verändern. Es passiert sehr viel in zwei Wochen und am Ende gab es einen tränenreichen Abschied.
Wie bereiten Sie Ihre Schülerinnen und Schüler auf die Begegnungen vor?
Zur interkulturellen Vorbereitung haben wir uns vorher mit den indischen Lehrerinnen ausgetauscht. Trotzdem haben wir beim ersten Besuch viel dazugelernt, zum Beispiel, dass die Inderinnen nicht „nein“ sagen. So war eine indische Schülerin immer wieder mit anderen Gruppen unterwegs, obwohl sie gerne etwas mit ihrer Gastschwester gemacht hätte. Sie dachte, es sei unhöflich abzulehnen. Die Gastschwester wiederum war auch traurig. Das haben wir dann besprochen und konnten so das Missverständnis aufklären. Die indischen Schülerinnen hatten auch einen kurzen Workshop am Goethe-Institut zu Gepflogenheiten, der politischen Lage etc. Da hatten sie schon viele Tipps bekommen. Viele Dinge finden die Schüler aber auch selbst heraus.
Wir haben zum Beispiel eine WhatsApp-Gruppe. Da geben wir dann Impulse rein und die Schülerinnen tauschen sich aus. Was ist euer liebster Feiertag? Wie sieht es bei euch zu Hause aus? Und dann schicken sie Videos und Fotos und schreiben ganz viel. So hält man zum einen den Kontakt mit der anderen Gruppe und zum anderen lernt man immer wieder etwas Neues.
Worauf legen Sie Wert, wenn Sie das Programm erstellen?
Wir haben ein langes Brainstorming mit den Kolleginnen gemacht, als wir zum Vorbereitungstreffen nach Indien gereist sind. Dabei haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Schülerinnen für nachhaltige Ernährung zu sensibilisieren und Themen wie Globalisierung des Essens, Nachhaltigkeit, lokale Produktion, saisonales Essen und Foodtrails zu bearbeiten. In der Gruppe Foodtrails haben sie zum Beispiel im Supermarkt Interviews geführt und recherchiert, wo die Lebensmittel herkommen und welchen Weg sie zurückgelegt haben. Außerdem haben wir zu deutschen Lebensmitteln und indischen Gewürzen recherchiert. Das Ergebnis des Projekts ist ein Kalender mit saisonalen Produkten, der jeden Monat für Indien und Deutschland ein Lebensmittel zeigt und erklärt, was gerade reif ist und im Land wächst. Dazu gibt es ein Rezept, das auf diesem Lebensmittel basiert. Mit der Kollegin aus dem Hauswirtschaftsunterricht haben wir eine Auswahl gemeinsam gekocht und die Eltern zum Abschlussessen eingeladen.
Aus den ersten Erfahrungen habe ich gelernt, dass wir sehr ambitioniert waren. Es ist wichtig, dass man eine Balance zwischen fachlicher Projektarbeit, sozialen Aktivitäten und Zeit für interkulturellen Austausch findet. Die Schülerinnen gehen mit der Gastfamilie im Park grillen, begleiten sie auf eine Hochzeit und dafür vorher zum Friseur oder gehen zum Pflegepferd. Das ist für die Schülerinnen aus Indien und auch für unsere sehr wichtig. Sie möchten ihren Kosmos zeigen und auch selbst überlegen, was die anderen interessieren könnte.
Welche Tipps möchten Sie interessierten Lehrkräften mitgeben, die auch eine Schulpartnerschaft eingehen möchten?
Was mir sehr geholfen hat ist, dass ich seit Projektstart Unterstützung von einer Kollegin habe. Man sollte mindestens zu zweit sein, damit eine Person nicht alles alleine verantwortet. Wenn mehrere Personen involviert sind, können wir auch schnell reagieren, wenn jemand krank ist. Es sollten aber auch nicht mehr als drei sein. Eine große Arbeitsgruppe brächte wieder zu viel Koordinationsaufwand mit sich. Wenn der Besuch dann stattfindet, ist natürlich jede Hilfe willkommen, damit man in den zwei Wochen auch seine anderen Klassen noch unterrichten kann. Die Schulöffentlichkeit sollte informiert sein und auch zur Mithilfe in den Projektwochen gebeten werden.
Und auch mit der Partnerschule im anderen Land muss man einen absolut zuverlässigen Kontakt halten. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass sie innerhalb von einem halben bis einem Tag eine Antwort bekommen. Vor allem wegen der Zeitverschiebung bekommt man Nachrichten eben rund um die Uhr. Es ist nicht zu unterschätzen, dass man viel Zeit investieren muss, manchmal auch die Freizeit.
München-Kapstadt – Geschichte und Alltag neu entdecken
Karin Eberle, Fachbetreuerin für Englisch am Städtischen Adolf-Weber-Gymnasium München (Bayern) betreut die Schulpartnerschaft mit der Deutschen Internationalen Schule Kapstadt (DAS), Südafrika. Seit 2015 finden alle zwei Jahre ein Besuch und ein Gegenbesuch in einem Jahr statt – zuerst in Kapstadt, dann in München.
Wie hat Ihr Schulpartnerschaftsprogramm begonnen?
Zwei ehemalige Kollegen sind vor einigen Jahren nach Kapstadt gegangen, um dort an der Deutschen Schule zu unterrichten. Das war die Gelegenheit, ein Austauschprogramm mit der Schule zu beginnen. Konkret hieß das erst einmal, sich um die Finanzen zu kümmern. Da die Deutsche Schule Kapstadt schon einen Austausch mit einer Schule in Hamburg hatte, kannten sie PASCH bereits und so war das unsere erste Anlaufstelle. Mit der finanziellen Unterstützung haben wir dann losgelegt und interessierte Schülerinnen und Schüler konnten sich bei uns anmelden. Als nächstes haben wir Projektideen gesammelt, die Eltern informiert und einen Fragebogen erstellt, den alle Interessierten ausfüllen. Auf dieser Basis können wir Austauschpartner einander zuordnen, die ähnliche Interessen haben und gut zueinander passen. Ein gutes „Matching“ der Austauschpartner ist eine wichtige Voraussetzung für einen harmonischen und reibungslosen Ablauf des Austausches. Dann ermuntern wir die Teilnehmenden dazu, mit ihrem Partner in Kontakt zu treten und sich schon mal kennenzulernen.
So geht es jedes Mal los und wir haben in der Regel 15–17 Teilnehmende pro Seite. Wir fliegen jeweils für zwei Wochen im Januar/Februar und im Juni/Juli kommt der Gegenbesuch nach Deutschland. Beide Reisen finden während der Schulzeit statt, denn auch das Schulleben im Gastland ist ein wichtiger Programmpunkt bei unseren Begegnungen.
Was sind die wichtigsten Erlebnisse für Schülerinnen und Schüler, die sie nur in einem persönlichen Austauschprojekt erleben können?
Im Gegensatz zu einer touristischen Reise können sie das Leben vor Ort in der Gastfamilie kennenlernen, was ein ganz anderes Erlebnis ist. Für die Jugendlichen aus Südafrika ist es spannend, wie frei sie sich hier bewegen können und dass sie einfach mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln mit ihren Partnern zusammen unterwegs sein können. Mit unserem Programm erleben sie auch Geschichte und wie damit umgegangen wird. Wir behandeln auch Themen wie Apartheid oder besuchen die KZ-Gedenkstätte in Dachau und das Kloster Andechs. Das Erlebte wird gemeinsam in der internationalen Gruppe besprochen, aber auch in den Gastfamilien auf ganz unterschiedliche Weise thematisiert.
Spannend ist aber auch einfach zu sehen, wie die Familien ihren Alltag gestalten. Für unsere Schülerinnen und Schüler ist es eine neue Erfahrung, dass sie nicht so selbstständig unterwegs sein können, wenn sie in Kapstadt sind. Die meisten fahren mit dem Schulbus, werden von den Eltern gefahren oder sind manchmal auch mit dem Taxi unterwegs. Kapstadt ist eigentlich eine relativ sichere Stadt, sicherer als Johannesburg oder andere Städte, aber trotzdem ist es eine Umstellung.
Wie bereiten Sie Ihre Schülerinnen und Schüler auf die Begegnungen vor?
Wir machen ein Vorbereitungstreffen mit den Eltern zusammen und dann noch mehrere mit den Schülerinnen und Schülern. Dabei informieren wir allgemein über Südafrika, die Geschichte, recherchieren mit den Schülern und arbeiten gemeinsam an unserem Projektthema. 2017 geht es um die Themen „Food – Food Security, Typical Food and Hidden Hunger“. Kinder aus armen Familien in Südafrika sind manchmal fehlernährt, weil die Eltern ihnen nur eine sehr einseitige Ernährung bieten können oder sie sogar ganz ohne Essen in die Schule gehen müssen. Über ein Netzwerktreffen in der bayerischen Staatskanzlei haben wir Kontakt zum Verein Lebenslinien e.V. bekommen. Er wurde von einem deutschen Ehepaar gegründet und betreibt unter anderem eine Muffinbäckerei an einer Grundschule in Strand in der Nähe von Kapstadt. Dort werden spezielle Karotin-Muffins nach einem Rezept der Weltgesundheitsorganisation gebacken, die besonders nährstoffreich sind. Sie werden an der Schule für wenig Geld verkauft werden und auch an bedürftige Kinder weitergegeben.
Wir haben gemeinsam zu dem Verein recherchiert und überlegt, wie wir dort unterstützen könnten. Unsere Teilnehmenden haben dann während unseres Aufenthaltes in Kapstadt einen Tag lang dort mitgebacken und im schuleigenen Gemüsegarten, der dort auch betrieben wird, mitgebrachte Setzlinge gepflanzt. Auch für die Schülerinnen und Schüler der Deutschen Schule Kapstadt war dieses Projekt ein Erlebnis. Es ist eine Privatschule und obwohl sie an den Problemen vor Ort viel näher dran sind als unsere Schülerinnen und Schüler, haben sie dennoch oft wenig Kontakt zu Schulen in Townships, die ausschließlich von schwarzen Kindern besucht werden.
Natürlich ging es bei unserem Besuch in Südafrika auch um typisch südafrikanisches Essen. Da durfte ein gemeinsames „Braai“ am Kap nicht fehlen, denn wer in Südafrika nicht gegrillt hat, war nicht wirklich da. Beim Rückbesuch der Kapstädter hier in München wird es dann selbstverständlich auch um typisch bayerisches Essen gehen.
Worauf legen Sie wert, wenn Sie das Programm erstellen?
Alle Programmpunkte sollten irgendwie mit dem Oberthema verlinkt sein, auch wenn es ein eher touristischer Ausflug ist. So haben wir zum Beispiel auf Robben Island, der Gefängnisinsel, auf der auch Nelson Mandela inhaftiert war, über die Ernährung der Insassen gesprochen. Die Lebensmittelrationen wurden dort nach Ethnie zusammengestellt. Es gab zu Zeiten der Apartheid rund 50 verschiedene Untergruppierungen, die während ihrer Haft damals zum Teil unterschiedliches Essen bekommen haben.
Außerdem sollte das Programm abwechslungsreich, altersgemäß und finanzierbar sein. Wir besuchen auch touristische Orte, aber ausschlaggebend ist, dass die Schülerinnen und Schüler in Gastfamilien leben und so einen Perspektivwechsel vollziehen können. Die Idee für das Projekt geben wir den Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg, aber wie wir das Projekt dann ausgestalten, das entwickeln wir alle gemeinsam in der Vorbereitungsphase. So lernen sie, wie Filmprojekte oder Hilfsprojekte funktionieren und auch selbst an einem Projekt zu arbeiten.
Hat die Partnerschaft auch eine Wirkung auf andere Personen im Umfeld der Schule?
Das auf jeden Fall. Unsere Eine-Welt-Gruppe, eine Arbeitsgemeinschaft an unserer Schule, hat zum Beispiel 1.000 Euro vom Erlös ihres Weihnachtsbasares für ein neues Bewässerungssystem des Gemüsegartens in Strand gespendet, in dem wir bei unserem Besuch dort neue Setzlinge gepflanzt haben. Und an unseren Projekttagen mit den Schülerinnen und Schülern aus Südafrika nimmt die ganze Schule teil. Auch beim Fundraising für die Muffinbäckerei hat die ganze Schule mit Kuchenspenden geholfen. Auf südafrikanischer Seite kooperieren wir auch mit der Townshipschule Langa, die wir bei unseren Aufenthalten dort immer besuchen. Außerdem sind in beiden Schulen die Schülerzeitungen involviert.
Welche Tipps möchten Sie interessierten Lehrkräften mitgeben, die auch eine Schulpartnerschaft eingehen möchten?
Besonders wichtig ist, dass man sich ein altersgemäßes Programm überlegt und ein Projekt, mit dem die Schülerinnen und Schüler etwas anfangen können. Auch dass man sich viel Mühe beim „Matching“ gibt, ist wichtig, damit sich die Austauschpaare gut verstehen. Außerdem fragen wir zum Beispiel nach Allergien. Das sind ganz praktische Dinge, die man im Blick haben muss, damit niemand mit einer Katzenhaarallergie in einem Katzenhaushalt landet. Und die Finanzierung ist wichtig. Neben PASCH bekommen wir zum Beispiel Gelder von der Bayerischen Staatskanzlei und der Stadt München. Trotzdem müssen die Teilnehmenden noch etwa 600–700 Euro selbst zahlen. Für manche Familien ist das immer noch sehr viel.
Wie hat Ihr Schulpartnerschaftsprogramm begonnen?
Zwei ehemalige Kollegen sind vor einigen Jahren nach Kapstadt gegangen, um dort an der Deutschen Schule zu unterrichten. Das war die Gelegenheit, ein Austauschprogramm mit der Schule zu beginnen. Konkret hieß das erst einmal, sich um die Finanzen zu kümmern. Da die Deutsche Schule Kapstadt schon einen Austausch mit einer Schule in Hamburg hatte, kannten sie PASCH bereits und so war das unsere erste Anlaufstelle. Mit der finanziellen Unterstützung haben wir dann losgelegt und interessierte Schülerinnen und Schüler konnten sich bei uns anmelden. Als nächstes haben wir Projektideen gesammelt, die Eltern informiert und einen Fragebogen erstellt, den alle Interessierten ausfüllen. Auf dieser Basis können wir Austauschpartner einander zuordnen, die ähnliche Interessen haben und gut zueinander passen. Ein gutes „Matching“ der Austauschpartner ist eine wichtige Voraussetzung für einen harmonischen und reibungslosen Ablauf des Austausches. Dann ermuntern wir die Teilnehmenden dazu, mit ihrem Partner in Kontakt zu treten und sich schon mal kennenzulernen.
So geht es jedes Mal los und wir haben in der Regel 15–17 Teilnehmende pro Seite. Wir fliegen jeweils für zwei Wochen im Januar/Februar und im Juni/Juli kommt der Gegenbesuch nach Deutschland. Beide Reisen finden während der Schulzeit statt, denn auch das Schulleben im Gastland ist ein wichtiger Programmpunkt bei unseren Begegnungen.
Was sind die wichtigsten Erlebnisse für Schülerinnen und Schüler, die sie nur in einem persönlichen Austauschprojekt erleben können?
Im Gegensatz zu einer touristischen Reise können sie das Leben vor Ort in der Gastfamilie kennenlernen, was ein ganz anderes Erlebnis ist. Für die Jugendlichen aus Südafrika ist es spannend, wie frei sie sich hier bewegen können und dass sie einfach mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln mit ihren Partnern zusammen unterwegs sein können. Mit unserem Programm erleben sie auch Geschichte und wie damit umgegangen wird. Wir behandeln auch Themen wie Apartheid oder besuchen die KZ-Gedenkstätte in Dachau und das Kloster Andechs. Das Erlebte wird gemeinsam in der internationalen Gruppe besprochen, aber auch in den Gastfamilien auf ganz unterschiedliche Weise thematisiert.
Spannend ist aber auch einfach zu sehen, wie die Familien ihren Alltag gestalten. Für unsere Schülerinnen und Schüler ist es eine neue Erfahrung, dass sie nicht so selbstständig unterwegs sein können, wenn sie in Kapstadt sind. Die meisten fahren mit dem Schulbus, werden von den Eltern gefahren oder sind manchmal auch mit dem Taxi unterwegs. Kapstadt ist eigentlich eine relativ sichere Stadt, sicherer als Johannesburg oder andere Städte, aber trotzdem ist es eine Umstellung.
Wie bereiten Sie Ihre Schülerinnen und Schüler auf die Begegnungen vor?
Wir machen ein Vorbereitungstreffen mit den Eltern zusammen und dann noch mehrere mit den Schülerinnen und Schülern. Dabei informieren wir allgemein über Südafrika, die Geschichte, recherchieren mit den Schülern und arbeiten gemeinsam an unserem Projektthema. 2017 geht es um die Themen „Food – Food Security, Typical Food and Hidden Hunger“. Kinder aus armen Familien in Südafrika sind manchmal fehlernährt, weil die Eltern ihnen nur eine sehr einseitige Ernährung bieten können oder sie sogar ganz ohne Essen in die Schule gehen müssen. Über ein Netzwerktreffen in der bayerischen Staatskanzlei haben wir Kontakt zum Verein Lebenslinien e.V. bekommen. Er wurde von einem deutschen Ehepaar gegründet und betreibt unter anderem eine Muffinbäckerei an einer Grundschule in Strand in der Nähe von Kapstadt. Dort werden spezielle Karotin-Muffins nach einem Rezept der Weltgesundheitsorganisation gebacken, die besonders nährstoffreich sind. Sie werden an der Schule für wenig Geld verkauft werden und auch an bedürftige Kinder weitergegeben.
Wir haben gemeinsam zu dem Verein recherchiert und überlegt, wie wir dort unterstützen könnten. Unsere Teilnehmenden haben dann während unseres Aufenthaltes in Kapstadt einen Tag lang dort mitgebacken und im schuleigenen Gemüsegarten, der dort auch betrieben wird, mitgebrachte Setzlinge gepflanzt. Auch für die Schülerinnen und Schüler der Deutschen Schule Kapstadt war dieses Projekt ein Erlebnis. Es ist eine Privatschule und obwohl sie an den Problemen vor Ort viel näher dran sind als unsere Schülerinnen und Schüler, haben sie dennoch oft wenig Kontakt zu Schulen in Townships, die ausschließlich von schwarzen Kindern besucht werden.
Natürlich ging es bei unserem Besuch in Südafrika auch um typisch südafrikanisches Essen. Da durfte ein gemeinsames „Braai“ am Kap nicht fehlen, denn wer in Südafrika nicht gegrillt hat, war nicht wirklich da. Beim Rückbesuch der Kapstädter hier in München wird es dann selbstverständlich auch um typisch bayerisches Essen gehen.
Worauf legen Sie wert, wenn Sie das Programm erstellen?
Alle Programmpunkte sollten irgendwie mit dem Oberthema verlinkt sein, auch wenn es ein eher touristischer Ausflug ist. So haben wir zum Beispiel auf Robben Island, der Gefängnisinsel, auf der auch Nelson Mandela inhaftiert war, über die Ernährung der Insassen gesprochen. Die Lebensmittelrationen wurden dort nach Ethnie zusammengestellt. Es gab zu Zeiten der Apartheid rund 50 verschiedene Untergruppierungen, die während ihrer Haft damals zum Teil unterschiedliches Essen bekommen haben.
Außerdem sollte das Programm abwechslungsreich, altersgemäß und finanzierbar sein. Wir besuchen auch touristische Orte, aber ausschlaggebend ist, dass die Schülerinnen und Schüler in Gastfamilien leben und so einen Perspektivwechsel vollziehen können. Die Idee für das Projekt geben wir den Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg, aber wie wir das Projekt dann ausgestalten, das entwickeln wir alle gemeinsam in der Vorbereitungsphase. So lernen sie, wie Filmprojekte oder Hilfsprojekte funktionieren und auch selbst an einem Projekt zu arbeiten.
Hat die Partnerschaft auch eine Wirkung auf andere Personen im Umfeld der Schule?
Das auf jeden Fall. Unsere Eine-Welt-Gruppe, eine Arbeitsgemeinschaft an unserer Schule, hat zum Beispiel 1.000 Euro vom Erlös ihres Weihnachtsbasares für ein neues Bewässerungssystem des Gemüsegartens in Strand gespendet, in dem wir bei unserem Besuch dort neue Setzlinge gepflanzt haben. Und an unseren Projekttagen mit den Schülerinnen und Schülern aus Südafrika nimmt die ganze Schule teil. Auch beim Fundraising für die Muffinbäckerei hat die ganze Schule mit Kuchenspenden geholfen. Auf südafrikanischer Seite kooperieren wir auch mit der Townshipschule Langa, die wir bei unseren Aufenthalten dort immer besuchen. Außerdem sind in beiden Schulen die Schülerzeitungen involviert.
Welche Tipps möchten Sie interessierten Lehrkräften mitgeben, die auch eine Schulpartnerschaft eingehen möchten?
Besonders wichtig ist, dass man sich ein altersgemäßes Programm überlegt und ein Projekt, mit dem die Schülerinnen und Schüler etwas anfangen können. Auch dass man sich viel Mühe beim „Matching“ gibt, ist wichtig, damit sich die Austauschpaare gut verstehen. Außerdem fragen wir zum Beispiel nach Allergien. Das sind ganz praktische Dinge, die man im Blick haben muss, damit niemand mit einer Katzenhaarallergie in einem Katzenhaushalt landet. Und die Finanzierung ist wichtig. Neben PASCH bekommen wir zum Beispiel Gelder von der Bayerischen Staatskanzlei und der Stadt München. Trotzdem müssen die Teilnehmenden noch etwa 600–700 Euro selbst zahlen. Für manche Familien ist das immer noch sehr viel.
Sie haben Fragen an Mareike Raabe, Alexander May und Karin Eberle oder den PAD zu Partnerschulprojekten? Dann schreiben Sie gerne eine E-Mail an info@pasch-net.de.