In einem Rollenspiel haben wir eine Gerichtsverhandlung nachgestellt. In diesem Bericht erzähle ich von meinen Erfahrungen als „Richter“.
Am 14. Juli 2024 nahm ich am MockCourt-Projekt teil. Für das Projekt wurden die Teilnehmenden in fünf Gruppen eingeteilt: Richter und Geschworene, Anwaltsgruppe, Staatsanwaltsgruppe, Zeugen und Angeklagte. Unter der Anleitung von Herrn Ishizuka und Frau Appenzeller machten wir ein Gerichtsverfahren mit ein bisschen Deutsch. Ich war der Vorsitzende der Gruppe „Richter und Geschworene“. Der Fall, den wir behandelten, war eine leicht veränderte Version des grimmschen Märchens „Hänsel und Gretel“.
Wie in einem echten Gericht
Am Morgen diskutierten wir in unseren Gruppen über die Themen und Strategien. Am Nachmittag fand die Gerichtsverhandlung statt. Die Verhandlung begann in einem feierlichen Raum, in dem alle aufstanden. Als ich mich setzte, setzten sich alle anderen auch. Ich erinnere mich, dass ich in diesem Moment dachte, dass ich diese Verhandlung leite.
Zu Beginn lief alles gut. Alle spielten ihre Rollen und es fühlte sich an, als ob eine echte Gerichtsverhandlung stattfindet. Aber wir als Richter haben einige wichtige Zeugenaussagen und Beweismaterial verpasst. Trotzdem haben wir das Verfahren irgendwie abgeschlossen. Danach gingen wir in einen anderen Raum, um zu entscheiden, ob die Angeklagte schuldig oder unschuldig ist. Das war wirklich schwierig, weil wir nicht alle Informationen hatten, die wir gebraucht hätten. Der größte Streitpunkt war, ob Gretel die alte Frau absichtlich getötet hatte.
Urteilen ist nicht einfach
Am Anfang hatten wir 15 Minuten Zeit, aber wir verlängerten die Zeit auf 30 Minuten, weil es so schwer war. Am Ende kamen wir zu einer Entscheidung. Als wir ins Gericht zurückkamen, gab ich das Urteil bekannt. Zuerst auf Deutsch, dann auf Japanisch: „Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Die Angeklagte wird freigesprochen.“ Das bedeutet, dass Gretel für unschuldig erklärt und das Verfahren beendet wurde.
Es war wirklich schwer, das Urteil zu fällen. Wir hatten nicht genug Beweise, um zu sagen, dass Gretel schuldig war. Deshalb entschieden wir, dass sie unschuldig ist, nach dem Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“.
Im Namen des Volkes
Durch dieses MockCourt-Projekt konnte ich neue Seiten der deutschen Kultur im Rechtssystem entdecken. Zum Beispiel beginnt das Urteil in Deutschland mit „Im Namen des Volkes“, was bedeutet, dass das Urteil im Namen der Bürger gesprochen wird. In Japan sagt der Richter nur das Urteil, aber in Deutschland wird die Bedeutung der Teilnahme der Bürger an der Justiz betont.
Außerdem habe ich durch die Rolle als Richter die Schwierigkeit des Urteilens gespürt. Auch die anderen, die andere Rollen spielten, haben viel gelernt.
Ich danke allen, die dieses wertvolle Projekt organisiert haben, besonders den Herrn Ishizuka und Frau Appenzeller.